Best Practice Lizenzverwaltung: Auf der Suche nach dem System

15.5.2024 BRANDORA
Lizenzbranche
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Die Lizenz-Abteilung ist in vielen Unternehmen ein „Stand Alone“, das seine Prozesse selbst etablieren muss. In der Verwaltung von Lizenzen und in der Kommunikation mit Lizenznehmern besteht häufig noch eine Menge Optimierungspotenzial. Viele Probleme könnte ein schlagkräftiges CRM lösen. Doch was ist hier zu beachten und vor allem: Was hat das ganze mit der Gastronomie und dem Automobilhandel zu tun?

Je flexibler das Produkt, desto schwieriger die Standardisierung. Von dieser möglicherweise etwas kryptisch anmutenden Faustregel mag sich manch einer zunächst etwas verwirrt zeigen. Manch anderer ahnt vielleicht bereits, dass sie eine Menge mit der Lizenzbranche und ihrer Suche nach Optimierungspotenzial zu tun hat. Doch der Reihe nach.

Die Geschäftswelt wird smarter und das allerorts. Dass Zeit Geld ist, ist allerdings eine universale Binsenweisheit, heute ebenso gültig wie vor 70 Jahren. Erfolgreich im Wettbewerb wird der, der sich initial bestmöglich organisiert und operativ seine Ressourcen am geschicktesten einzusetzen weiß.

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Warum eine Lizenzabteilung funktionieren muss wie eine gute Küche

Der Begriff „Mise en Place“ kommt aus der Gastronomie und beschreibt, dass ein Koch alle relevanten Instrumente an seinem Arbeitsplatz sinnvoll anordnet, bevor er mit der eigentlichen Arbeit beginnt. Initiale Struktur ist ein maßgeblicher Erfolgsfaktor, um in einem Business mit hohem Output-Druck erfolgreich zu bleiben. Nicht nur ist ein Küchenchef also dafür verantwortlich, dass die geeigneten Messer sich im Haus befinden und funktionstüchtig sind und dass jeder Teil seines Personals am für ihn bestgeeigneten Platz eingesetzt wird. Jeder einzelne Teil dieses Makrokosmos muss auch in sich bestmöglich organisiert sein: Mise en Place.

Während eine Restaurantküche möglichst viele Gerichte herauszugeben versucht, muss eine Licencing-Abteilung möglichst viele Freigaben auf die Straße bringen. Und statt der Messer und Raspeln aus unserem analogen Beispiel braucht man in der Lizenz-Küche die richtigen Werkzeuge, um mit potenziellen Lizenznehmern zu kommunizieren. Hierfür ist es unerlässlich, dass der Arbeitgeber die notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen bietet. Mise en Place.

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Fear of gearing up

Hört man sich in der Branche um, so ist es erstaunlich, wie viele Companys sich schwertun, Arbeitsprozesse zu modernisieren. Will sagen: Ein Großteil der Branche organisiert die eigene Lizenzverwaltung noch wie vor 20 Jahren. Dabei sind moderne Customer Relationship Management (CRM) Systeme in vielen Sektoren längst State of the Art. Sie bilden häufig die komplette operative Bandbreite ab, ermöglichen das smarte Filtern nach diversen Kategorien und gewähren schnellen Zugriff auf eine hohe Bandbreite an Datensätzen.

In der Lizenzbranche nutzen einige Vorreiter bereits solche Lösungen. Andere denken darüber nach, sind augenblicklich auf der Suche nach dem geeigneten Anbieter oder kämpfen mit der internen IT. Wieder andere versuchen sich an hauseigenen Lösungen, was mal besser und mal schlechter klappt. Doch ein beträchtlicher Teil der Industrie ist von solchen Modernisierungsprozessen noch weit entfernt. Excel-Listen und große Word-Dokumente prägen vielerorts immer noch den Arbeitsalltag.

Nun gilt die Lizenzbranche im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen per se nicht als besonders konservativ. Wie kommt es also zu der vermeintlichen Technologie-Skepsis? Ein wesentlicher Teil der Antwort liegt in der besonderen Beschaffenheit der Produkte begründet. Wer Autos, Unterhaltungselektronik oder Haushaltsgeräte verkauft, der hat ein klar definiertes Inventar an Artikeln, die er auch relativ einfach auflisten kann. Im Licencing wird jedoch eine Idee verkauft. Ein Bild. Es ist also ein sehr abstraktes Produkt, das potentielle Lizenznehmer weiterverarbeiten können, um diverse Ideen umzusetzen.

Die Lizenz ist geistiges Eigentum mit unerschöpflichem Potential für weiteren Output. Ein System, das auch auf Standardisierung abzielt, scheint für viele Branchenteilnehmer damit unvereinbar. Doch dies ist nicht die einzige Hürde. Häufig sind die Gründe für die zögerliche Modernisierung der Arbeitswelt auch intern zu finden.

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Special Needs der Lizenz-Branche

„Lizenzabteilungen sind oftmals Stand-Alone-Units in großen Konzernen, die operativ nur wenige Vorgaben von oben bekommen und sich daher auf der technischen Seite viel selbst organisieren müssen“, erzählt Kalle Törmä, Gründer des finnischen CRMs Flowhaven. Törmä muss es wissen, denn er hat selbst in der Lizenzabteilung einer erfolgreichen Videospiel-Marke gearbeitet, bevor er ein System entwickelte, das er eigens für die Bedürfnisse von Lizenz-Profis ausrichtete.

„Wir riefen Flowhaven 2016 ins Leben. Damals habe ich bei den bestehenden Systemen vor allem die nötigen Funktionen im Bereich der Analyse und Datenerhebung vermisst. Im Lizenzbereich muss man oftmals viele Zeitpläne parallel einhalten. Darüber und über die einzeln anfallenden Lizenzgebühren muss man ständig im Bilde sein. Und dies muss ein System mit wenigen Klicks leisten können“, so Törmä über seine Vision eines Lizenz-spezifischen CRMs. Er selbst spricht lieber von einem „LRM“ (Licencing Relationship Management).

Ein Typischer Fall: „Man will sämtliche Anfragen irgendwie abarbeiten. Dabei widmet man sich zuerst dem, der zuerst oder am lautesten ruft. Oft genug wären aber andere Prioritäten geboten. Sei es aus terminlichen Gründen oder weil ein Großteil des Umsatzes in einem ganz anderen Sektor verdient wird“.

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Welches System soll es sein?

Flowhaven ist Partner des weltweit wohl bekanntesten CRMs Salesforce. Das System nutzt die Salesforce-Infrastruktur und profitiert somit auch von der vielfach prämierten Datensicherheit des Branchen-Giganten. Wer Salesforce bereits nutzt, kann Flowhaven-Module extrem einfach dazu buchen.

Ob es eines dieser beiden Systeme sein soll oder ein ganz anderes, das muss allerdings jedes Unternehmen für sich selbst herausfinden. Einen Überblick zu geben, ist an dieser Stelle unmöglich angesichts von über 900 CRM-Systemen im Markt, davon etwa 100 allein im deutschsprachigen Raum.

Basiert ein System zum Großteil auf vordefinierten Workflows, so mag dies für manchen genau das richtige sein, da man einmal geschult wird und dann loslegen kann. Andere vermissen bei ebenjenen Systemen eine gewisse Flexibilität. Sie suchen dann vielleicht eher nach modular aufgebauten Systemen. Einige haben ein gewisses Grundgerüst und diverse Module können kostenlos hinzugebucht werden. Auch geklärt werden sollte die Frage, ob man ein System will, das zentral gehostet wird oder lieber seine eigene Cloud verwalten will.

Es muss daher auch ganz klar ausgesprochen werden: Die Suche nach einem geeigneten CRM und dessen Implementierung kann mitunter ein zeit- und kostenintensives Unterfangen sein. Unerlässlich ist die ganzheitliche Abstimmung einerseits mit der hausinternen IT. Denn häufig ist es aufwändig, Schnittstellen mit den bestehenden Strukturen zu installieren.

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Wer billig kauft, kauft zweimal

Ebenso sollte die eigene Rechtsabteilung frühzeitig eingebunden werden. „Wir hatten schon Fälle, in denen der interne Prozess zum Erwerb einer Software nicht allen im Unternehmen klar war“, erklärt Kalle Törmä. „Das sorgt für besondere Anforderungen an den Anbieter. Bei einer Implementierung muss der Anbieter darauf achten, dass alle wichtigen Stakeholder von Anfang an eingebunden werden“.

Vorsicht ist in jedem Fall bei Anbietern geboten, die Kunden mit kostenlosen Testversionen locken wollen. „Oft genug kommt es vor, dass ein oder zwei Personen aus dem Unternehmen sich eine solche Kostenlos-Version installieren lassen, ein bisschen damit experimentieren und begeistert sind“, sagt IT-Berater Viktor Münch. „Ist dann jedoch die Komplett-Version installiert, stellen sie fest, dass bestimmte Eigenschaften nicht mit den Prozessen des Unternehmens kompatibel sind.“ Dann fängt der Stress erst richtig an: Für Anpassungen werden externe Programmierer angeheuert und es wird so richtig kostspielig.

Ist die Auswahl allerdings initial mit Weitsicht und unter Einbeziehung aller für das Thema relevanten Personen erfolgt, so hat schon manche Lizenzabteilung nicht schlecht gestaunt über ein ungekannt zielgerichtetes Arbeitserlebnis. „Viele können sich gar nicht vorstellen, welche Macht schnell zugängliche und übersichtlich aufbereitete Daten entfalten können“, betont Kalle Törmä. „Am langen Ende geht es nicht darum, eine Freigabe 30 Sekunden schneller zu erteilen oder einen Report 10 Minuten schneller zu erstellen. Es geht um die Frage, wie man seine Prozesse etabliert, wie man seine Projekte priorisiert und wie man mit seinen Lizenznehmern effizient zusammenarbeitet.“

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Das System muss gelebt werden

Wie hoch ist das Eingangsvolumen von Produktkonzepten und wie viele Genehmigungen schafft man wirklich? Das bedeutet: Kann ein Lizenzmanager seinen Workload bewältigen oder baut er zwangsläufig eine Pipeline auf, die niemals abgearbeitet werden kann? Oder man stellt fest, dass man einen einzigen Partner hat, der 80 Prozent des Umsatzes ausmacht. Doch bekommt dieser viel zu wenig Aufmerksamkeit, da man viel zu beschäftigt mit den vielen anderen Lizenznehmern ist, die jedoch insgesamt nur 20 Prozent einspielen. Wie sieht es mit der Prozesskette aus? Werden die relevanten Assets nach Vertragsunterzeichnung überhaupt von allen Adressaten geöffnet? Wie viele Empfänger hat der für viel Geld erstellte Styleguide tatsächlich erreicht? Und war er die Produktionskosten wert?

Diese und viele weitere Fragen kann der Lizenzmanager bei effektivem Einsatz eines CRMs schnell beantworten und gewinnt damit riesige Kapazitäten für die wirklich zeitaufwändigen Arbeitsschritte. Über jeder gut gemeinten Erneuerungsinitiative schwebt jedoch immer die Frage: Stehen wirklich alle dahinter? Eine alte Regel besagt, dass ein Change-Prozess immer von oben kommen muss. Die Konzern- und Abteilungsleitung muss also voll dahinterstehen. Aber vor allem müssen diejenigen überzeugt sein, die mit dem System tatsächlich Arbeiten müssen. Nämlich die Lizenzmanager. Wird diese Prozesskultur nicht wirklich auch von den handelnden Personen gelebt, so ist die Implementierung zum Scheitern verurteilt. Doch wenn das ganze Team mitzieht, so wird mitunter eine ganz neue Arbeitswelt erschlossen.

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Der BRANDORA Editorial Service ist eine Plattform, die sich auf die Themen der Lizenzbranche spezialisiert hat. Einmal im Monat widmet sich die Redaktion der "Licensing Post" einem Leitthema, das intensiv recherchiert und beleuchtet wird. Die Redaktion stellt Fragen und sucht nach Antworten, um ein umfassendes Bild des Themas zu erhalten. Dabei geht es nicht nur um die reinen Fakten, sondern auch um die Meinungen und Ansichten von Experten und Beteiligten in der Branche.

Ziel ist es, einen Dialog innerhalb der Branche zu schaffen und wichtige Themen aufzugreifen, die für die Zukunft der Lizenzbranche von Bedeutung sind.

Der BRANDORA Editorial Service versteht sich als unabhängige Plattform, die objektiv und kritisch über Themen berichtet und diskutiert. Dabei werden sowohl positive als auch negative Aspekte beleuchtet und hinterfragt.

Von unserem Redakteur Jan Herzmann

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