Geprüft und zertifiziert – das spiel gut Siegel

spiel gut - Mai 2016
 

 
Wer vergibt das orange spiel gut Siegel? Welche Kriterien muss ein Spielzeug erfüllen, um diese Auszeichnung zu erhalten?

Vergeben wird das Siegel vom spiel gut Arbeitsausschuß Kinderspiel + Spielzeug e.V. in Ulm. spiel gut versteht sich als eine Verbraucherberatung für Kinderspiel und Spielzeug:

Spielen ist ein Grundbedürfnis jeden Kindes, spielend erobert es sich die Welt. Die angeborene Neugier und Spielbereitschaft, die Freude am Tun und an der Bewegung gilt es unter anderem auch durch gutes Spielmaterial zu erhalten und zu fördern. Kinder brauchen ständig Anregungen, damit diese Neugierde und die Freude an der Aktivität lebendig bleiben. Sinnvollem Spielzeug kommt dabei eine große Bedeutung zu.

Wie sieht die Vergabe des spiel gut Siegels aus: Zunächst wählen die spiel gut Mitglieder auf der Spielwarenmesse Spielwaren aus, die die spiel gut Kriterien erfüllen könnten. Diese werden dann beim Hersteller zur Begutachtung angefordert. Mit dem Spielzeug muss der Hersteller einen sogenannten Materialbogen einreichen, auf dem alle verwendeten Materialien, Lacke, Farben usw. aufgelistet sind. Er garantiert außerdem, dass sein Spielzeug die aktuellen europäischen Sicherheitsnormen erfüllt. Dann gehen die Spielsachen zuerst in den Praxistest. D.h. Familien, die Kinder im entsprechenden Alter und Interessen haben, oder geeignete Institutionen erhalten das Spielzeug. Die Kinder sollten möglichst nicht wissen, dass sie das Spielzeug zur Prüfung erhalten. Es soll eine ganz normale Situation sein, in der das Spielzeug erprobt wird. Deshalb wird auch keine „Testzeit“ vorgegeben, sondern die Familie oder die Institution entscheidet selbst, wann sie genügend Erkenntnisse gesammelt hat. Diese hält sie in einem Fragebogen fest. Das Spielzeug und der ausgefüllte Fragebogen gehen dann wieder nach Ulm in die Geschäftsstelle zu einer Begutachtungssitzung. Dort haben sich verschiedene Fachleute versammelt. Das Ergebnis wird besprochen und mit dem von früheren Tests ähnlicher Spielsachen verglichen. Sind alle Kriterien erfüllt, bekommt der Hersteller eine Urkunde und kann mit dem spiel gut Siegel werben. Das mit spiel gut ausgezeichnete Spielzeug wird in das spiel gut Verzeichnis auf der Homepage veröffentlicht. Wird das Spielzeug nicht ausgezeichnet, bekommt (nur) der Hersteller einen Brief mit der Begründung. Dass so viele Hersteller ihre Spielsachen zur Begutachtung schicken, liegt sicher auch an dieser detaillierten Begründung, die oft für die Weiterentwicklung neuer Spielsachen einfließt. Sind nur geringfügige Änderungen notwendig wie z.B. das Anpassen der Altersangabe, so kann der Hersteller das Spielzeug erneut einreichen, um die Auszeichnung doch noch zu bekommen.

Die spiel gut Mitglieder kommen aus den Bereichen Psychologie, Pädagogik, Chemie, Biologie, Medizin, Design, Architektur u.a. – sie sind Wissenschaftler und Eltern oder Großeltern oder arbeiten beruflich mit Kindern. Sie arbeiten ehrenamtlich und sind unabhängig von Spielwarenindustrie und Handel. Der Verein finanziert sich durch den Verkauf von Büchern und wird gefördert durch das Bundesfamilienministerium.




Die Kriterien:

Gutes Spielzeug regt die Fantasie an und fördert das Vorstellungsvermögen. Dies geschieht am besten durch einfaches, aber vielseitig verwendbares Spielzeug. Jedes automatisch funktionierende Spielzeug, das kein Eingreifen erlaubt und das Kind somit zur Passivität verurteilt, beschränkt das Spiel. Spielzeug soll auch ausbaufähig sein, über längere Zeit benutzt werden können und vorhandenes Spielzeug ergänzen.

Das Spiel folgt den täglichen Lebenserfahrungen und den besonders eindrucksvollen Erlebnissen des Kindes. So regt z.B. der Besuch beim Kinderarzt zum Nachspielen an, ein Urlaub auf dem Bauernhof lässt Aufstelltiere mit Stall interessant werden. Spielzeug, das das Nachspielen altersgerechter Themen ermöglicht, hilft dem Kind diese Erfahrungen zu vertiefen und zu verarbeiten.

Die Anforderungen, die ein Spielzeug an ein Kind stellt, muss seinem Entwicklungsstand entsprechen und altersgerecht sein. Ein Spielzeug, das nur Kleinkinder interessiert, aber die Geschicklichkeit älterer Kinder verlangt, kann nur enttäuschen. Auch Spielzeug, das zu wenig herausfordernd ist, führt zu Enttäuschungen. Macht ein Kind häufig solche Erfahrungen, kann das zu Desinteresse an der Auseinandersetzung mit Spielzeug führen.

Die Haltbarkeit eines Spielzeugs muss dem Spielzweck und der Dauer des Gebrauchs entsprechen. Enttäuschung über kaputtes Spielzeug ist der größte Spielverderber. Kinder lernen nur schrittweise mit ihrem Spielzeug sachgerecht und mit empfindlichen Dingen besonders behutsam umzugehen.

Die richtige Größe des Spielzeugs hängt vom Spielzweck und dem Alter der Kinder ab. Kleine Kinder brauchen Spielzeug, bei dem sie gut zupacken können: größere Bausteine, Aufstelltiere mit breiten Standfüßen. Gewicht ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl von Spielzeug: ein übergroßer Sandlaster ist mit Sand befüllt zu schwer zum Schieben.

Spielzeug entwickelt das kindliche Empfinden für ästhetische Formen, harmonische Farben und schöne Gestaltung. Spielzeug in vereinfachter Form lässt Kinder das Wesentliche erkennen, überflüssige Dekorationen lenken vom eigentlichen Spiel ab. Ähnlich ist es mit Farben: übertrieben buntes Baumaterial stört beim Bauen und Konstruieren.

Konstruktion und Mechanik sollen altersentsprechend verständlich und sichtbar sein. So müssen Kinder z.B. die Frontlader-Schaufel selbstständig auf und ab bewegen können. Der Feststellknopf für einen Kippmechanismus muss gut zu sehen und zu handhaben sein.

Spielfreude und Spielerfolg hängen von der Anzahl bzw. Menge des Spielzeugs ab. Ein kleines, aber vielseitiges und richtig ausgewähltes Spielzeugangebot tragen eher dazu bei, als ein großer Bestand zufällig zusammen gekommener Spielsachen. Die Menge z.B. eines Bausystems muss ausreichend sein, so dass ein Bauwerk ein befriedigendes Ergebnis darstellt. Sind zu viele Sonderteile im Verhältnis zu den Grundteilen vorhanden, sind eigene Erfindungen kaum umzusetzen.

Gutes Spielzeug muss auch sicher sein. Spielzeug für unter dreijährige darf keine verschluckbaren Kleinteile enthalten. Auch eine Strangulationsgefahr mit Kordeln und Schnüren darf nicht gegeben sein. Spielzeug muss von Zeit zu Zeit immer wieder darauf hin überprüft werden: Leim trocknet ein, Holz schwindet, Material ermüdet. Die Sicherheit von Spielmaterial muss nach den EU-Normen gewährleistet sein. Die Sicherheitsvorschriften können aber nicht die Anleitung und Aufsicht durch die Erwachsenen ersetzen. Jedes Kind muss auch lernen mit alltäglichen Gefahren umzugehen um überhaupt ein Gefahrenbewusstsein entwickeln zu können

Die Berücksichtigung des Umweltaspektes beim Kauf von Spielzeug hat zwar keinen Einfluss auf den Spielwert, ein Umweltbewusstsein wird aber durch Auswahl, Kauf und Umgang mit Spielzeug vermittelt. Mit billigem Spielzeug wird oft achtloser umgegangen und es wird schneller weggeworfen.