BRANCHENticker 16/2002

Die Konjunkturlage macht allen zu schaffen. Der deutsche Verbraucher ist kaum dazu zu bewegen, nennenswerte Geldmengen in den Wirtschafts- Kreislauf zu leiten. Alle Branchen, die nicht zur Befriedigung der Grundbedrfnisse beitragen, leiden darunter besonders. Die Spielwarenbranche gehrt dazu. Wirklich? Der Deutsche Verband der Spielwaren-Industrie hat ein bemerkenswertes Thesenpapier vorgelegt, das gehaltvolle Belege dafr liefert, dass Spielzeug - vor allem in Deutschland - konjunkturelle Depressionen eigentlich nicht frchten muss. Im Rahmen der gemeinsamen Pressekonferenz der Verbnde und der Spielwarenmesse agierten die Lobbyisten dieser Branche goldrichtig, indem sie nicht das Kaninchen vor der bsen Schlange Konjunktur mimten, sondern selbstbewusst die Strken ihres Produktes und des Kulturguts Spiel in den Blickpunkt rckten. Das Spiel als Kulturgut galt einigen der Branche lange als zu hoch gehngt und zu akademisch. Es zeigt sich, dass man diesen Anspruch nicht voreilig aufgeben sollte. Immerhin werden heute schon Computerspielemuseen mit Kulturpreisen ausgezeichnet. Die Argumente, die der DVSI in seinem Papier zusammengetragen hat, sollten auch die verinnerlichen, die kulturelle, pdagogische und soziologische Dimensionen eigentlich als zu gro geraten fr die kleine Sache Spiel(zeug) halten. Im Einzelnen:

Spielen heit lernen.
Das sagen 83 Prozent der Erwachsenen in der Bundesrepublik. Das ist ein absoluter Europarekord und spiegelt das in Qualitt und Vielfalt einzigartige Spielwarenangebot im deutschsprachigen Raum wider.

Spielen dient als Katalysator fr die Familienbeziehungen.
Eine nachhaltige Eltern-Kind-Beziehung von Geburt an braucht mehr als kommunikative Einbahnstraen von den Erwachsenen zu den Kindern. Eine funktionierende Beziehung kann nur wachsen, wenn die Eltern den Kindern nicht nur als Autoritt begegnen, sondern auch als gleichwertige Spielkameraden.

Erwachsene spielen!
Sammelleidenschaft, Freude an schnen Dingen und einfach das ungenierte Bekenntnis der Erwachsenen zum Spielen haben der Spielwarenbranche sehr geholfen. Hier liegen noch Chancen.

Die Oberflchlichkeit hat ausgespielt.
Die Beziehungen in der Familie nehmen an Bedeutung zu. "Die atemlose Langeweile der Spakultur" (Opaschowski) habe im Doppelsinn ausgespielt. Ex und hopp ist out. Gewinner dieses Trends sind Hersteller mit starken Marken, die nachhaltige Werte vermitteln. Ein Trend, von dem auch der Spielwarenfachhandel profitieren sollte. Austauschbare Trendartikel kann schlielich jeder verkaufen. Spielzeug als Kulturgut und Bildungsmittel sucht der Verbraucher (noch) nicht bei real,- und Lidl.

Harald Hemmerlein