Chinesische Spielzeugproduktion auf dem Prüfstand

Brandora News - 17. November 2004

 
„Aktion fair spielt“ stellt Firmenliste vor

Die Verbraucher in Deutschland können sich im beginnenden Weihnachtsgeschäft selbst ein Bild davon machen, wer zu akzeptablen Arbeitsbedingungen in China Spielzeug produziert und wer nicht. Darüber informiert eine Liste deutscher Spielwarenhersteller, die mit unterschiedlichem Engagement einen Verhaltenskodex des Internationalen Spielwarenverbandes bei ihren asiatischen Zulieferern umsetzen. Die Firmenübersicht stellte die „Aktion fair spielt“ heute in Bonn vor.

Einige namhafte deutsche Unternehmen hätten erste Schritte unternommen, um menschenwürdige Arbeitsbedingungen bei ihren chinesischen Lieferanten umzusetzen, erklärte Christa Nickels, Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestages und Schirmfrau der Aktion. „Die Sicherung besserer Arbeitsbedingungen in der Spielwarenindustrie ist auch im Interesse der Stabilität Chinas“, so Nickels. „Die rasante wirtschaftliche Entwicklung Chinas muss auch eine entsprechende soziale Entwicklung nach sich ziehen.“

„Geiz ist geil“ können wir uns in Deutschland nur leisten, weil in China und anderen Billiglohnländern am Lebensnotwendigen gespart wird,“ mahnte MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Josef Sayer. „Der ICTI-Verhaltenskodex ist ein wichtiger Beitrag, damit deutsche Unternehmen, die in China produzieren lassen, Verantwortung für bessere Arbeitsbedingungen übernehmen können.“ Allerdings habe der Kodex seine Bewährungsprobe noch vor sich, da bisher erst 2,5 Prozent der Spielwarenfabriken in China auf ihre Arbeitsbedingungen hin überprüft worden seien.

Magdalena Bogner, Präsidentin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kdf), zog ein positives Fazit der „Aktion fair spielt“. Nach jahrelanger Kritik an den unzulänglichen Arbeitsbedingungen chinesischer Zulieferer sei Bewegung in die Branche gekommen. „Im letzten Jahr haben sich 12 Spielwarenhersteller verbindlich verpflichtet, bis Juni 2004 mindestens zwei ihrer wichtigsten Lieferanten überprüfen zu lassen. 16 weitere Unternehmen haben sich inzwischen der Initiative angeschlossen. Dennoch gibt es weiterhin Handlungsbedarf.“

Notwendig sei vor allem die Kennzeichnung der fair produzierten Waren mit einem Sozialsiegel forderte Patrick von Braunmühl vom Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände: „Die Bereitschaft zu einer sozialen Kaufentscheidung hängt vor allem von verlässlichen Informationen über die Produktionsbedingungen ab. Die Verbraucher müssen auf einen Blick erkennen können, ob das Spielzeug „fair“ produziert wurde. Nur so kann die Einhaltung der Sozialstandards zum Wettbewerbsfaktor werden“, so von Braunmühl.
 

Firmenübersicht zum Stand der Umsetzung

Kodex des Weltverbandes der Spielzeugindustrie (ICTI)


Aktion »fair spielt«
Für faire Regeln in der Spielzeugproduktion

Träger: Bischöfliches Hilfswerk Misereor · Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd)
Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) · Nürnberger Bündnis Fair Toys · Werkstatt Ökonomie

Niedrigstlöhne, extrem lange Arbeitszeiten und fehlender Arbeitsschutz prägen nach wie vor den Alltag vieler ArbeiterInnen in der chinesischen Spielzeugproduktion. Noch immer werden ihnen grundlegende Rechte vorenthalten, wie das Recht auf freie Wahl einer Arbeitnehmervertretung. Bisher hat sich daran nichts geändert – auch wenn Bewegung in die Branche gekommen ist.

Auf Anfrage der Aktion »fair spielt« haben sich deutsche Spielzeughersteller bereit erklärt, den Verhaltenskodex ihres Weltverbandes ICTI einzuhalten und die Arbeitsbedingungen bei ihren Lieferanten in China überprüfen zu lassen. In einer „unwiderruflichen Verpflichtung“ gegenüber dem Deutschen Verband der Spielwaren-Industrie hatten sie zugesichert, ihre jeweils „beiden wichtigsten Lieferanten bis zum 30.6.2004 nach dem ICTI Standard … auditieren“ zu lassen.

Damit diese Ansätze nachhaltig Wirkung zeigen und sich die Situation in den chinesischen Spielzeugfabriken spürbar verbessert, sind nach Auffassung der Aktion »fair spielt« weitere Schritte nötig:

  • Es muss einen verbindlichen Zeitplan für die Überprüfung aller chinesischen Lieferanten der deutschen Spielzeughersteller und -importeure geben.
  • Im Interesse der Glaubwürdigkeit müssen die Prüfergebnisse nachvollziehbar veröffentlicht oder mindestens einer unabhängigen Stelle vorgelegt werden.
  • Aufgedeckte Missstände müssen beseitigt, die dabei gemachten Fortschritte von unabhängiger Seite überprüft werden.
  • Die ArbeiterInnen müssen an der Umsetzung und Überprüfung des Kodexes unmittelbar beteiligt werden und es muss ein vertrauliches Beschwerdesystem eingerichtet werden.

„Und schließlich“, betont Dr. Jürgen Bergmann vom Nürnberger Bündnis Fair Toys, „können die Firmen einen wichtigen Beitrag zur Schaffung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen leisten, indem sie den Termin- und Kostendruck auf ihre Lieferanten verringern.“


Bilder
Shenzhen, Provinz Guandong, China: Klaus Piepel
Spielzeugfabrik in Guandong, China: Asia Monitor Resource Center (AMRC)