Mit dem Kopf durch die Wände des verrückten Labyrinths: Die Jubiläumsausgabe verleiht magische Kräfte

Ravensburger AG - April 2011

 
Glück auf allen (Irr-)Wegen: Den 25. Geburtstag des verrückten Labyrinths feiert Ravensburger 2011 mit einer limitierten Jubiläumsausgabe. In der Metallbox finden die Freunde des Klassikers das bekannte Spiel mit einer „bahn-brechenden“ Zusatz-Regel: Einige Gänge-Kärtchen enthalten auf ihrer Rückseite Botschaften, die magische Kräfte verleihen, und so den Weg zu den Schätzen erleichtern. Es ist die jüngste von 19 Varianten des erfolgreichsten Ravensburger Familienspiels, das sich weltweit rund 13 Millionen Mal verkauft hat.

Das Spiel in der rot-golden schimmernden Metallbox kommt genau ein Jahr lang auf den Markt und birgt zwei Spielformen. Zum einen kann „Das verrückte Labyrinth“ wie gewohnt gespielt werden: In einem Gängesystem irren die Spieler umher und versuchen, Ring, Geist, Krone oder andere Schätze als Erste einzuheimsen. Den richtigen Weg schaffen sie selbst, indem sie bei jedem Spielzug die Gänge im Labyrinth verschieben. Dieses besteht aus festen und losen Kärtchen – schiebt man ein freies Gänge-Kärtchen an einer Stelle ein, verändert sich der Spielplan. Bei der zweiten Variante spielen die Rückseiten von zwölf Gänge-Karten eine besondere Rolle. Sie enthalten geheime Botschaften: Wer das jeweils heraus geschobene Kärtchen umdreht, darf zum Beispiel nochmals schieben oder ein Zielkärtchen austauschen … - oder das tun, was so mancher Labyrinth- Fuchs schon längst gerne mal getan hätte: In einer gottverlassenen Sackgasse einfach mit dem Kopf durch die Wand gehen. Die ist dann kurz mal für eine Durchfahrt geöffnet.

Die Jubiläumsausgabe ist die neueste in einer Großfamilie aus 19 verschiedenen Labyrinth-Spielen und vielen internationalen Varianten. Die genial einfache Spielidee zum verrückten Labyrinth stammt von Spiele-Autor Prof. Max J. Kobbert.

Das Interview: „Wege finden, die unmöglich schienen“

Professor Max J. Kobbert, der Erfinder des weltweit erfolgreichen Familienspiels „Das verrückte Labyrinth“, ist Wahrnehmungspsychologe und war Dozent an verschiedenen Universitäten und Kunstakademien. Im Interview erklärt der 66-Jährige, was das Ravensburger Familienspiel mit anschaulichem Denken zu tun hat, warum diese Form des Denkens unterschätzt wird – und was Menschen auf allen Kontinenten daran fasziniert.

Herr Kobbert, gibt es einen Zusammenhang zwischen Ihrem akademischen Beruf und ihrer Erfindung, dem verrückten Labyrinth?
Max J. Kobbert: Schon als Student hatte ich Spaß daran, mir Wahrnehmungsaufgaben auszudenken. Und während meiner Lehrtätigkeit kam es mir immer darauf an, zu zeigen, dass Denken mehr ist als logisches Denken oder sprachliches Denken. Wir denken eben auch in anschaulichen, bildhaften Kategorien. „Das verrückte Labyrinth“ verlangt gerade dieses anschauliche Denken. Ich habe das Spiel konzipiert, um das anschauliche Denken bei Kindern und Erwachsenen zu trainieren.

Kann man anschauliches Denken nicht auch mit anderen Spielen wie memory® trainieren?
Bei memory® geht es mehr um visuelle Merkfähigkeit. Beim verrückten Labyrinth geht es um jene Form des Denkens, die Sigmund Freud als Probehandeln bezeichnet hat, das heißt, um inneres, experimentelles Probehandeln: Wir nehmen eine sich ständig verändernde räumliche Anordnung gedanklich vorweg. Und das, ohne Sprache zu benutzen. Ohne diese Form des Denkens kämen wir im Alltag nicht zurecht. Wenn wir zum Beispiel eine Wohnung einrichten, brauchen wir diese Art der Vorstellungskraft. Auch ein Bildhauer braucht sie oder ein Maschinenbauer oder ein Architekt. „Das verrückte Labyrinth“ ist eine permanente Denkaufgabe.

Sind dann ältere Menschen vielleicht die besseren Labyrinth-Spieler, weil sie einfach mehr Zeit hatten, anschauliches Denken zu üben?
Eher im Gegenteil. In unserer Familie zum Beispiel war die jüngere Tochter im Alter von sieben Jahren die beste Labyrinth-Spielerin. Kinder sind da Erwachsenen in der Regel überlegen. Deswegen ist das Spiel ja auch so gut geeignet als Familienspiel. Wenn wir mit dem anschaulichen Denken Probleme haben, dann hat das auch mit dem Unterricht in unseren Schulen und auch in den Universitäten zu tun. Da wird noch immer versucht, das mathematisch-logische Denken von anschaulichen Anteilen zu säubern. Man begründet das mit denTheorien des einflussreichen Entwicklungspsychologen Jean Piaget. Der hatte das anschauliche Denken lediglich als eine kindliche Vorstufe zu abstrakteren Formen des Denkens abgehandelt. Und das hatte große Auswirkungen auf die Didaktik. Anschauliches Denken müsste gezielt interdisziplinär trainiert werden. Die verschiedenen Arten des Denkens entwickeln sich nämlich parallel zueinander weiter. Und Anschaulichkeit hilft beim Begreifen enorm. Sie hilft sogar beim logischen Denken. Die binomischen Formeln der Mathematik zum Beispiel machen so manchem 14-, 15-Jährigen in der Schule zu schaffen. So richtig durchschaut habe auch ich sie erst als Erwachsener, als ich eine räumliche Veranschaulichung dazu kennenlernte. Man kann ja so vieles im wahrsten Sinne des Wortes ein-sehen.

Warum haben Sie ausgerechnet das Labyrinth gewählt, um diese Art des Denkens zu trainieren?
Labyrinthe haben mich schon immer fasziniert. Allerdings hat mich bei den Labyrinthen in Rätselheften immer gestört, dass der Spaß schnell vorbei war, wenn man den einen, richtigen Weg gefunden hatte. Ich wollte etwas erfinden, das seinen Reiz behält. Bei meiner Version des Labyrinths ist nun das System selbst permanent im Wandel. Es verändert sich, indem wir darin herumspazieren. Jede Veränderung, die einer vornimmt, verändert das Ganze und zwingt den Nächsten, sich anders zu verhalten als geplant. Diese Form des Labyrinths ist wie ein Modell des modernen Lebens. Es handelt sich um ein chaotisches oder rückbezügliches System und es erfordert nicht-lineares, vernetztes Denken. Die Pädagogik ist leider auf die Anforderungen solches Denkens noch immer nicht eingerichtet. Dabei wäre das so wichtig, wenn ich nur an den Umgang mit der Umwelt denke. Auch da hat unser Handeln Konsequenzen für das große Ganze.

Das verrückte Labyrinth“ wird in vielen Ländern der Welt gespielt. Ist die Fähigkeit, anschaulich zu denken, also überall auf der Welt gleichermaßen verbreitet?
Jedes Land hat seine eigene Spielkultur, und doch spricht „Das verrückte Labyrinth“ offensichtlich ein Urbedürfnis in allen Menschen an. Man versteht es auch ohne Sprache allein vom Zuschauen schnell und verspürt das Bedürfnis mitzuspielen. Junge und Alte oder Menschen aus verschiedenen Schichten begegnen sich auf dieser Ebene. Ob in Amerika oder im Fernen Osten - überall findet „Das verrückte Labyrinth“ Freunde, weil das Denken in räumlichen Zusammenhängen universell ist.

Was meinen Sie mit „Urbedürfnis“?
Ich bin überzeugt, dass es für uns Menschen nichts Schöneres gibt, als einen Weg zu finden, der unmöglich schien.