BRANDORA-Rezension zu Riff-Raff von Zoch

BRANDORA Redaktion (Judith Jakobs) - August 2012

 
Riff Raff … das ist unmöglich! Sagen wir: Nicht üblich!

 

Was Zoch mit Bamboleo angefangen hat, treiben sie mit Riff Raff auf die Spitze. Noch schöner, noch ausgeklügelter, noch überraschender! Unmöglich? Sagen wir: Nicht üblich. Klar soweit?

Dieses Schiff ist nicht normal. Dank seiner kardanischen Aufhängung schwankt es auf seinem hohen Wellenberg in alle Richtungen. Zu Beginn des Spiels wird das empfindliche Gleichgewicht noch durch die unterseeische Metallkugel gewahrt, danach liegt es in der Hand der Spieler – im wahrsten Sinne des Wortes. Jeder versucht, möglichst viele Frachtstücke auf das Schiff laden, ohne dass die Ladung über Bord geht. Doch das ist gar nicht so einfach, denn ganz plötzlich neigt sich der Frachter überraschend zur Seite. Dann gilt es zu retten, was zu retten ist. Denn das Treibgut wird anschließend aus dem Meer gefischt und zusammen mit der eigenen Fracht erneut verladen. Klar soweit? Ähhh…

Okay, zurück in den Heimathafen. Zunächst muss der Wellenberg aufgestellt und das Schiff zusammengesteckt werden. Dabei muss der Frachter in jede Richtung frei beweglich sein. Natürlich ist das gesamte Spielmaterial gewohnt sorgfältig gefertigt. Aber Holz arbeitet und je nach Wetterlage und Aufbewahrung kann es schon einmal vorkommen, dass die Aufhängung klemmt. Das ist kein Problem, schließlich gibt es in jedem ordentlichen Haushalt einen Streifen Schmirgelpapier, oder? Außerdem sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass das Schiff zu Beginn in der Waage ist. Zur Not gibt es zur Überprüfung sicher eine Wasserwaage, denn eine anfängliche Schräglage kann auch durch einseitige Beladung nicht ausgeglichen werden und strategisches Spiel wird so unmöglich.

Anschließend erhält jeder Spieler seine Fracht. Diese besteht aus acht liebevoll gestalteten Holzteilen, unterschiedlich in Größe, Form, Farbe und Gewicht. Dazu bekommt jeder 10 Trumpfkarten seiner Farbe, bedruckt mit Zahlen von 1 bis 10. Auch die Ladezonen des Schiffes sind durchnummeriert. Die Zahlen 1 bis 4 markieren das Deck, danach geht es den Mast hinauf in die Rahen. Klar soweit?

Nun heißt es taktieren. Jeder wählt verdeckt eine seiner Trumpfkarten aus und entscheidet damit, wo er in dieser Runde seine Fracht unterbringen will. Wer die höchste Karte ausspielt, beginnt und ist somit klar im Vorteil. Aber jede Karte darf nur einmal ausgespielt werden und natürlich ist das Austarieren umso schwieriger, je höher die Ladezone. Nach Vorankündigung dürfen auf den Rahen bis zu zwei Frachtstücke untergebracht werden. Schaffe ich das? Entscheidungen über Entscheidungen!

Besonders spannend ist der eine Moment kurz nachdem die Ladung auf dem Schiff platziert wurde: Kippt es? Und wenn ja – wohin? Und wie viele Frachtstücke kann ich auffangen? Denn alles, was vor der Tischkante abgefangen wird, darf aus dem Spiel entfernt werden. Alles andere wird dem eigenen Vorrat hinzugefügt und muss in den nächsten Runden wieder mit aufgeladen werden.

 

Das Spiel macht einen Heidenspaß, fördert die Konzentration, Fingerfertigkeit, logisches Denken, Augenmaß und das Gefühl für Unterschiede in Gewicht und Größe. Selbst wenn wir es bisher noch nicht geschafft haben, alle Frachtstücke unterzubringen, juckt es doch immer wieder in den Fingern, es auszuprobieren. Oft steht Riff Raff tagelang aufgebaut auf dem Wohnzimmertisch und jedes Familienmitglied lädt im Vorbeigehen noch ein paar Teile auf. Dabei hilft es natürlich, dass das Spiel auch optisch schön ist.

 

Leider hat unser Sohn ein Schlupfloch in den Regeln gefunden. Wenn die Reihe an ihm ist, verursacht er absichtlich ein Kippen in seine Richtung. Dabei hält er schon vorab die Hand unter die entsprechenden Rahen, um so möglichst viel (meist alles) aufzufangen. Das ist natürlich viel einfacher, als das Schiff im Gleichgewicht zu halten, behindert aber den eigentlichen Spielfluss. Entweder sollte man diese Taktik vorab durch Absprachen ausschließen, oder die Mitspieler müssen ihre Ladung so geschickt verteilen, dass es unmöglich wird, alles aufzufangen. Unmöglich? Nun, zumindest unwahrscheinlich.

Fazit:
Uneingeschränkt empfehlenswert! Als Gemeinschaftsspiel und als Solospiel der absolute Hit. Immer wieder überraschend, unvorhersehbar und unberechenbar. Und falls wir irgendwann die Mechanismen doch durchschaut haben sollten, können wir ja immer noch die Frachtstücke variieren: Pöppel, Würfel, Zuckerstückchen, Erdnüsse, Salzstangen, Legomännchen, … die Auswahl ist grenzenlos! Klar soweit? Na dann: In die Rahen, Männer!