Modellbahnhersteller Roco musste Insolvenz anmelden

Brandora Redaktion - 13. Juli 2005
 
  • Halleiner Spielwaren-Hersteller stellt Konkursantrag
  • Hoffnung auf Weiterführung des Unternehmens
  • Konzernmutter nicht betroffen

Der österreichische Modellbahnhersteller Roco befindet sich in einer finanziellen Krise und hat am 15. Juli den Konkursantrag über einen Teil der Gesellschaften der ROCO Holding eingereicht. Nach Angaben des Betriebsrats stehen Löhne, Gehälter und Urlaubsgeld für die Belegschaft seit Juni aus. Am Mittwoch wurden die Mitarbeiter der Firmenzentrale, in Hallein-Rif bei Salzburg, über die aktuelle Situation informiert. Der Betriebsrats-Vorsitzende Karl Schernthaner hofft auf die Weiterführung des Betriebs.

Betroffen von der Insolvenz sind die Roco Modellspielwaren GmbH mit den Standorten Hallein-Rif, Gloggnitz und Banska-Bystrica (Slowakei), die Roco Werkzeugbau GmbH & Co. KG mit dem Standort Gloggnitz und die Roco Besitz- und Beteiligungs-GmbH in Hallein Rif. Die anderen Gesellschaften der Roco Gruppe, das sind die Roco Holding GmbH als Konzernmutter, die Roco Anlagen GmbH und die Roco Modellspielwaren Vertriebsgesellschaft m.b.H. in Freilassing, sind nicht von der Insolvenz betroffen.

Der Betriebsrat hatte der Unternehmensleitung eine Frist von drei Wochen zur Auszahlung der Löhne gesetzt. Trotzdem appelliert er nun an die Mitarbeiter, weiter für das Unternehmen zu kämpfen. Die Ansprüche der Mitarbeiter werden vom Insolvenz-Ausfalls-Geld-Fond übernommen, auch der einzusetzende Masseverwalter werde sich um die Belange der Mitarbeiter kümmern. Der Konkursrichter wird voraussichtlich rasch über die Konkurs-Eröffnung entscheiden um Fertigung und Auslieferung der Produkte sicherzustellen. Der Eigentümer strebt einen Zwangsausgleich an. Roco steht mit der finanzierenden Hausbank Raiffeisen in intensiven Verhandlungen, um den Betrieb fortführen zu können.

Roco - nach eigenen Angaben - weltweit größter Anbieter von Modelleisenbahnen im Gleichstrom-Segment leidet unter der schwachen Konjunktur am Hauptabsatzmarkt Deutschland, wo zwei Drittel des Umsatzes von etwa 45Mio Euro erzielt werden. Die Nachfrage nach Roco-Produkten sei dort in den vergangenen Monaten unverhältnismäßig stark eingebrochen. Der Modellbahn-Hersteller konnte im Geschäftsjahr 2004 ein Umsatz von 44,7 Mio. Euro erwirtschaften. Über 80 Prozent der Fertigung gehen in den Export.

Fast die gesamte Modellbahn-Branche steckt in der Krise. Billigproduzenten aus Fernost und hohe Arbeitskosten in der Heimat machen den heimischen Anbietern das Leben schwer. Nach den Turbulenzen um den Branchenführer Märklin, mit Konsequenzen für die gesamte Modellbahn-Zubehör-Industrie, trifft es nun den nächsten großen Anbieter von rollendem Material. Neben den Folgen der Globalisierung und der Kaufzurückhaltung in Deutschland spielen aber auch die demographischen Zahlen eine Rolle. Es gibt immer weniger Kinder und diese interessieren sich auch nicht mehr so stark für die recht "teure" Modellbahn. Die bisher treuen Modellbahner sterben langsam aus und verfehlte Modellpolitik und die Übertreibungen in den Stückzahlen und Auflagen der Sammlermodelle haben sicherlich auch einen Einfluss auf die Branche. Begonnen hat die Krise allerdings bereits vor Jahren mit den Problemen der Tradionsunternehmen wie Trix, Arnold, Rivarossi und Lima.

In der vor fast einem Jahr neu bezogenen Roco-Unternehmenszentrale Hallein-Rif sitzt neben dem administrativen Bereich auch die Produktion für Modell-Lokomotiven in Gleich- und Wechselstrom. Jährlich verlassen ca. 300.000 Loks die weltweit modernste Fertigungsstätte der Modellbahnbranche und werden in alle Welt verschickt. Im Werk Gloggnitz werden das ROCO LINE-Schienensystem und technisches Zubehör für die weitere Verarbeitung in den anderen Standorten hergestellt. Hier entstehen auch die Spritzguss-Formen für Lokomotiven und Waggons. Insgesamt beschäftigt Roco in Österreich etwa 600 Mitarbeiter. Hinzu kommen weitere 230 im slowakischen Banska Bystrica, wo jährlich ca. 1Mio Waggons hergestellt werden. Auch die Militär-Miniaturmodelle der Marke "Minitanks" kommen aus der Zentralslowakei.

Ein Konzept für die Reorganisation liegt laut "Salzburger Nachrichten" in der Schublade des Raiffeisenverbands. Nötig seinen demnach 8 bis 12 Mio. Euro. Einen Profi hat der Verband ebenfalls an der Angel: Unternehmensberater Leopold Heher könnte einspringen, der schon ein Mal als Sanierer bei Roco tätig war. Bei ihrem Versuch, das Unternehmen und die Marke zu erhalten, muss sich der Raiffeisenverband mit der Hypo Bank abstimmen. Der Hypo Leasing gehört die ehemalige Benckiser-Liegenschaft in Hallein-Rif, auf die Roco am 16. August 2004 umgezogen ist.