Qin oder die Kunst des Krieges

BRANDORA Redaktion (Judith Jakobs) - April 2013
 

 

Qin erfüllt gleich drei Wünsche auf einmal:
  • Ein liebevoll gestaltetes Brettspiel zum Thema China.
  • Ein leichtverständliches Strategiespiel, auch für Kinder zwischen acht und zwölf.
  • Ein Spiel, das sowohl zu zweit, zu dritt als auch zu viert Spaß macht.

Qin „spielt“ in China.
Ja, ich weiß, Brettspiele zum Thema China gab es anlässlich der olympischen Sommerspiele 2008 in Beijing viele. Aber die meisten schienen irgendwie an den Haaren herbeigezogen. Herbst 2012 war Qin quasi „off-season“ und ist vielleicht gerade darum so überzeugend in der Umsetzung des Themas – von den Illustrationen über die niedlichen Pagoden bis hin zu den dominierenden Farben Rot und Gold. Aber … was ist Qin überhaupt?

Qin ist „ein Reiner Knizia“.
Ist das wichtig? Ehrlich gesagt, ich suche Brettspiele nie nach Autor oder Verlag aus. Aber ja, Qin ist von Reiner Knizia UND von eggertspiele bzw. Pegasus, und es ist gut. Trotzdem – oder gerade deswegen.

Qin ist ein Brettspiel.
Unverkennbar. Gleichzeitig ist es ein Legespiel, ein Strategiespiel, ein Taktikspiel, ein Eroberungsspiel – und das Ganze ohne Aggressionen und Blutvergießen. Frei nach dem chinesischen Strategen Sunzi: Der kluge Anführer unterwirft die Truppen des Feindes ohne Kampf; er nimmt seine Städte, ohne sie zu belagern; er besiegt sein Königreich ohne langwierige Operationen im Felde.

 
Qin ist schnell erklärt.
Ja! Zunächst entscheidet man sich für eine der beiden Spielplanseiten. Die Löwenseite ist gespickt mit Gewässern, während die Phönixseite nur Steppenfelder und weniger Dörfer hat.
Jeder Spieler erhält Pagoden einer Farbe – dabei ist die Zahl der eigenen Pagoden abhängig von der Gesamtspielerzahl – und drei Legeplättchen. Nun werden die Plättchen reihum an die farbigen Startfelder oder bereits ausgelegte Plättchen angelegt. Entsteht dabei ein neues Territorium einer Farbe (blau, rot oder gold) aus mindestens zwei Feldern, so darf man dies in Besitz nehmen, indem man dort eine Pagode baut. Anschließend zieht man ein Kärtchen nach und der nächste Spieler ist dran. Das ist auch schon alles – fast. Was sonst noch passieren kann?

 

 

  1. Man kann seine Provinz zu einer Großprovinz ausbauen. Hierzu erweitert man ein bereits besetztes Gebiet auf fünf oder mehr Felder und setzt eine zweite Pagode auf die erste. Gebiete mit einer solchen Doppelpagode dürfen nicht mehr erobert werden.
  2. Man erobert ein Dorf. Die auf dem Spielplan bereits eingezeichneten Dörfer werden immer von dem Spieler eingenommen, dem in den angrenzenden Provinzen die meisten Pagoden gehören. Gründet man also eine Provinz direkt neben einem Dorf und erlangt dadurch die Oberherrschaft in diesem Gebiet, darf man auch hier eine Pagode errichten – ggf. muss dafür ein anderer Spieler seine Pagode zurücknehmen.
  3. Man erobert eine Nachbarprovinz (natürlich ganz friedlich). Werden zwei bestehende Provinzen gleicher Farbe durch das Anlegen eines Plättchens miteinander verbunden, so gehört die Provinz anschließend dem Spieler, dessen Provinz VOR der Vereinigung flächenmäßig größer war (vgl. Bild). Gleichgroße Provinzen dürfen nicht verbunden werden – Großprovinzen ebenso wenig, denn diese sind durch ihre Doppelpagode geschützt.

Qin hat klare Regeln.
Daumen hoch! In den letzten Jahren sind uns oft Spielsituationen begegnet, die von den mitgelieferten Spielregeln nicht abgedeckt wurden. Wenn man aber mit Kindern (besonders mit Geschwisterkindern) spielt, sollte immer klar sein, welche Aktionen erlaubt sind und welche nicht, wer diesen Punkt bekommt und wer nicht, und vor allem – wer am Ende gewonnen hat. Andernfalls kommt es zu endlosen Diskussionen. Bei Qin sind die Regeln klar, eindeutig und umfassend.

 
Qin ist ein Familienspiel.
Definitiv. Wir spielen gern und viel. Mit unserem neunjährigen Sohn ist es allerdings oft schwierig, passende Spiele zu finden, die allen Spaß machen. Die Kinder-Editionen bekannter Spieleklassiker sind oft schon zu simpel und werden schnell langweilig. Die „echten“ Strategiespiele für passionierte Brettspieler haben jedoch meist ein kompliziertes Regelwerk, dauern stundenlang und sind strategisch so anspruchsvoll, dass die Gewinnchancen ungerecht verteilt sind. Nicht so bei Qin – Qin ist der ideale Mittelweg zwischen Kinderspiel und Kennerspiel. Und das Beste ist: Es macht Spaß zu zweit, zu dritt und zu viert. Qin kann somit immer aus dem Regal gezogen werden, egal wie viele Familienmitglieder sich gerade zu einem Spielenachmittag überreden lassen.

 

Qin ist nicht perfekt.
Auch das. Zum Aufräumen hätten wir gerne eine unterteilte Schachtel gehabt – nicht nur einen großen, leeren Karton mit Tütchen. Und – für unseren Geschmack hat die Löwenseite zu viele Gewässer, dadurch werden das Gründen von Großprovinzen und die Übernahme anderer Gebiete stark erschwert. Zum Glück hat der Spielplan ja zwei Seiten – einfach auf die Phönixseite wechseln und nach Herzenslust riesige Territorien erobern.

Qin ist eine Kaufempfehlung.

 

Definitiv:
Für jeden, den das Thema China fasziniert.
Für jeden, der mit der ganzen Familie spielen will.
Für jeden, der direkt loslegen möchte, ohne stundenlang das Regelheft studieren zu müssen.
Für jeden, der ein gradliniges Spiel ohne Ausnahmefälle und Sonderregeln sucht.
Für jeden, der Strategiespiele mag, aber keinen ganzen Abend damit füllen möchte.
Für mich!