NICI-Gründer Pfaff gesteht Betrug

NICI - 22. Mai 2006

 
Ex-Chef sitzt seit dem Wochenende in Untersuchungshaft

Das Chaos um den Insolvenzantrag des WM-Maskottchen-Herstellers NICI scheint sich aufzulösen. Der Firmengründer und frühere Vorstandsvorsitzende des Plüschtierherstellers, Ottmar Pfaff, 57, sitzt seit dem Wochenende in Untersuchungshaft. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" in ihrer Montagsausgabe. Der bisherige NICI-Chef legte nach Angaben seines Anwaltes Wolfgang Dingfelder bei der Staatsanwaltschaft in Hof ein umfangreiches Geständnis ab und wurde anschließend festgenommen. Bereits in der letzten Woche hatte er sich den Vorstandsmitgliedern, dem Aufsichtsrat und schließlich den Wirtschaftsprüfern offenbart.

Nach ersten Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft hat Pfaff seit dem Jahr 2000 mindestens 40,5 Millionen Euro für NICI ergaunert, indem er Geschäfte mit Großabnehmern vortäuschte. Pfaff veräußerte Scheinrechnungen für die nur auf dem Papier ausgelieferte NICI-Ware an Factoring-Gesellschaften, die sich vornehmlich im Besitz von Banken befinden. Diese Unternehmen kaufen Forderungen auf, um sie später einzutreiben. "Wohin das Geld geflossen ist und in welcher Höhe, muss noch nachvollzogen werden", sagte dazu der Chefermittler der Staatsanwaltschaft Hof, Gerhard Schmitt. Die Staatsanwaltschaft, die bei NICI vergangene Woche eine Razzia vorgenommen hatte, prüft laut Durchsuchungsbeschluss vermutlich "manipulierte Verkäufe" von Spielzeugen an Großabnehmer wie Adidas, Kaufland, Tengelmann, Karstadt, Kaufhof, Ferero und Siemens.

Zugute halten muss man dem Ex-Firmenchef, dass er sich nicht persönlich bereichert, sondern das Geld in die Firma gesteckt hat, um dort Entlassungen und andere schmerzliche Einschnitte zu vermeiden. Dingfelder bezeichnete Pfaff als "harmoniebedürftigen Firmenchef", der die NICI AG mit ihren 580 Beschäftigten als "große Familie" empfunden habe. "Er wollte dort niemandem weh tun." Deshalb habe er in den vergangenen Jahren entstandene Fehlbeträge mit Erlösen aus Scheinrechnungen ausgeglichen. "Zuletzt hat Pfaff gehofft, mit dem WM-Maskottchen Goleo so viel Geld einzunehmen, dass er die finanziellen Lücken schließen kann", sagte Dingfelder. Den aktuellen Fehlbetrag habe Pfaff mit 25 Millionen Euro beziffert. Der Verkauf von Goleo sei aber sehr viel schlechter gelaufen als kalkuliert. Pfaff habe bei dem WM-Löwen bis heute mit Erlösen in Höhe von 35 Millionen Euro gerechnet, tatsächlich seien nur 14 Millionen Euro eingenommen worden, erklärte Dingfelder. Allein die Lizenzgebühr für Goleo hatte aber bereits 3,5 Millionen Euro gekostet.

Nach Einschätzung von Wirtschaftsexperten, die inzwischen Einblick bei NICI erhielten, ist das Unternehmen "personell aufgebläht". Die Kosten hätten in keinem Verhältnis zur Ertragslage gestanden. Pfaff habe wie ein Patriarch agiert und niemandem Einblick gewährt; deshalb seien die Manipulationen auch nicht aufgeflogen. Der Geschäftsbetrieb läuft derzeit weitgehend normal weiter, sagte ein Sprecher von Insolvenzverwalter Michael Jaffé. Mit einigen Kunden und Lieferanten in Asien müsse noch gesprochen werden. Die Chancen für eine Fortführung des Unternehmens seien aber gegeben.