Wer will die Marken Roco und/oder Fleischmann haben?
Nach Medienberichten möchte sich die Modelleisenbahn Holding von einer oder beiden etablierten Modellbahn-Marken aus dem Gleichstrom-Segment trennen. Das es ein Angebot, betreffend Fleischmann und Roco, an Marktteilnehmer gibt, sickerte jetzt durch. Die Suche wurde scheinbar sehr überstürzt gestartet und deutet nach Insidermeinung darauf hin, dass der wichtigste Gläubiger, der Raiffeisenverband Salzburg, seinen Druck auf die Eigentümer erhöht. Eine Übernahme durch den Marktführer Märklin ist, aus kartellrechtklichen Gründen, nicht möglich.
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Roland Edenhofer Geschäftsführer Modelleisenbahn Holding | Als Nummer zwei in der Welt der klassischen Modelleisenbahn, mit einem Marktanteil von rund 25 Prozent, besitzt die Holding die beiden etablierten Marken Roco und Fleischmann. Beide haben ein eigenständiges Profil und werden jeweils unabhängig voneinander gemanagt. Während die Verantwortung für die deutsche Traditionsmarke Fleischmann bei einer deutschen Engineering-Unit liegt, ist das Markenmanagement von Roco bei der österreichischen Produktionseinheit. Die operative Verantwortung liegt in den Händen der beiden Geschäftsführer Johann Stopfner und Gerhard Joiser. Das Unternehmen betreibt mit etwa 750 Mitarbeitern Standorte in Österreich, Deutschland, der Slowakei, in Rumänien und neuerdings auch in Vietnam.
Roco, eine Traditionsmarke aus Österreich
Gegründet wurde Roco im Jahre 1960 von Dr.-Ing. Karlheinz Rössler. Zuerst wurden Kinderspielsachen hergestellt. Wenig später unter der Bezeichnung „Roco minitanks“ auch Militärmodelle von Fahrzeugen diverser Streitkräfte. Rössler verlegte sich 1967 auf die Produktion von Modelleisenbahnen und fertigte zunächst im Auftrag für Modellbahnfirmen aus den USA Lokomotiven und Wagen in Spur H0 und 0. Roco brachte im Jahr 1967 erstmals H0-Güterwagen-Modelle nach europäischen Vorbildern in Eigenregie auf den Markt. Besonders in Deutschland erzielten diese wegen ihrer Preiswürdigkeit und hohen Detaillierung große Erfolge.
Roco geriet 2005 in wirtschaftliche Schwierigkeiten und meldete am 15. Juli 2005 Konkurs an. Die Geschäfte wurden von einer Auffanggesellschaft, der Modelleisenbahn GmbH, durch die finanziell stark eingebundene Raiffeisenbank Salzburg weitergeführt. Im September 2007 wurde Roco bzw. die Modelleisenbahn GmbH an den Freisinger Unternehmer Franz-Josef Haslberger verkauft, der in der Folge die Roco Modelleisenbahn GmbH unter die neugegründete Muttergesellschaft Modelleisenbahn Holding GmbH stellte. Bereits 2007 konnte das Unternehmen wieder Gewinne schreiben und erzielte mit einem Umsatz von 34,6 Millionen Euro ein Plus von 12 Prozent.
Übernahme von Fleischmann im Jahr 2008
Anfang 2008 wurde das Unternehmen Fleischmann von der Modelleisenbahn Holding übernommen und der Firmensitz von Nürnberg nach Heilsbronn verlegt. Seitdem wird das Unternehmen restrukturiert, was mit einem starken Arbeitsplatzabbau verbunden war. Von 2009 bis 2014 reduzierte sich der Jahresumsatz von 18,2 Millionen Euro um rund 20 Prozent auf 15 Millionen Euro. Anfang August 2015 wurde bekannt, dass ein Insolvenzantrag beim Amtsgericht Ansbach gestellt wurde. Die verbliebenen 33 Mitarbeiter setzen in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung mit dem eingesetzten Sanierungsgeschäftsführer Maximilian Breitling die Geschäftstätigkeit fort. Am 16. Dezember 2015 wurde bekannt, dass Fleischmann gerettet werden konnte, und dass das Insolvenzverfahren im Januar 2016 mit einer Gläubiger-Quote von 16 Prozent beendet wurde.
Muttergesellschaft mit zwei etablierten Marken
Mit beiden Marken wurden 2010 wieder schwarze Zahlen geschrieben. Die gesamte Gruppe wurde dann mit Wirkung zum 30. Juni 2011 in einem Management-Buy-out von den damaligen Managern, um den Hauptgesellschafter Dipl. Kfm. Roland Edenhofer, übernommen. Eine signifikant positive Entwicklung ließ sich aber im schwierigen Umfeld nicht erreichen. Von mehr als 50 Mio Euro sank der Gruppen-Umsatz im Jahr 2015 auf 47,5 Mio Euro um dann im Vorjahr wieder leicht auf etwa 49 Mio Euro anzusteigen. Der operative Verlust lag 2016 bei ca. 15 Millionen Euro.
Nun ist wohl die Unternehmensberatung KPMG seit Monaten dabei, für die Modelleisenbahn Holding nach einem finanzstarken Partner zu suchen. Auch der Verkauf einer Marke bzw. der Holding wäre wohl eine Option. Dabei scheint KPMG wenig wählerisch - wie das Manager Magazin schreibt. So soll die Ausschreibung einfach an zahlreiche Unternehmen per E-Mail geschickt worden sein. So wurde wohl auch die im Impressum genannte Mailadresse eines denkbaren Interessenten verwendet.
In der Ausschreibung wird für 2019 ein Umsatz von 53,1 Mio Euro und ab 2018 die Rückkehr in die Gewinnzone in Aussicht gestellt. Dabei setzt die Holding offenbar nicht zuletzt auf deutliche Einsparungen bei Betriebs- und Personalkosten. Profitieren könnte davon ein nagelneues Werk in Vietnam. Die Folgen für die europäischen Standorte sind ungewiss. |