Spielzeug wird grün - Der Überraschungsdeal von Smyths Toys

BRANDORA / Christophe Macht - 26. April 2018

 

 
Smyths Toys kommt nach Kontinental-Europa

Der größte Spielwareneinzelhändler Europas heißt nun Smyths Toys. Das irische Familienunternehmen hat die Vermögenswerte der Toys "R" Us GmbH gekauft. Nach Angaben der Irish Times werden für die 93 Fillialen in Zentraleuropa (Deutschland, Österreich und Schweiz), die Online-Shops sowie die Geschäftszentrale in Köln knapp 79 Millionen Euro bezahlt.

Der zum insolventen Mutterkonzern gehörende Kölner Ableger von Toys "R" Us Inc. gilt als solide aufgestellt und arbeitet profitabel. Nach BRANDORA-Schätzung beläuft sich der Umsatz auf etwa 525 Mio EURO (DACH: 360 + 90 + 75 Mio EURO), das sind durchschnittlich 5,6 Mio EURO/Filiale (Konzernschnitt ca. 6 Mio Euro/Filale). Nach Aussagen von Smyths Toys werden Management und die Mitarbeiter übernommen und es wird bereits für das laufende Jahr mit einem Gewinn von 22 Mio EURO gerechnet. Alle Filialen werden umbenannt und Smiths Toys gebranded. Damit verschwindet die 1986 als Buhmann nach Deutschland gekommene Marke Toys "R" Us vollständig aus dem deutschsprachigen Raum und das zu einem Schäppchenpreis (durchschnittlich 850 TSD EURO je Filiale).

Für etwa 220 Märkte in den USA hatte Issac Lariam (MGA Entertainment) 675 Mio USD geboten um die Marke zu erhalten (Toys R Us schuldet MGA Entertainment mehr als 21 Mio USD!). Das Angebot war abgelehnt worden, da es scheinbar zu niedrig ist (Mehr als 3 Mio USD/Filiale!). Für den kanadischen Arm des Unternehmens - 82 Märkte - liegt ein Angebot von Fairfax Finacial Holdings über 237 Mio USD vor - eine Entscheidung steht an. Der Kaufpreis für die lukrative Toys R "Us" GmbH scheint vor diesem Hintergrund extrem niedrig zu sein. Da haben wohl hierzulande einige tief geschlafen und die vier Smyths waren hellwach!

Smyths Toys wurde vor 31 Jahren gegründet und war bereits vor dieser Akquise - mit 110 Standorten und mehr als 600 Mio Euro Umsatz - der führende Multi-Channel Spielzeughändler im englisch-sprachigen Europa. Smyths Toys ist ein Familienunternehmen, das von den vier Brüdern Tony, Padraig, Tom und Liam Smyth geleitet wird. Die Wurzeln der medienscheuen Familie liegen in Mayo, Irland. Den ersten Spielzeugladen hatten sie aber in Galway eröffnet, wo sich heute noch die Unternehmenszentrale befindet. Tony und Padraig leiten Smyths Toys - sie halten auch mit 27 und 31 Prozent die größten Anteile. Tony, ein Buchhalter, ist Geschäftsführer und damit auch hauptverantwortich für die Expansionsstrategie. Padraig steht dem Einkauf vor. Die beiden anderen Brüder Tom und Liam haben jeweils einen Anteil von 18 Prozent, der Rest verteilt sich auf andere Familienmitglieder.

Tony Smyth kommentierte die Übernahme: "Wir haben unser Unternehmen vor mehr als dreißig Jahren gegründet und sind unseren Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten sehr dankbar für die Unterstützung, die wir in dieser Zeit erhalten haben. Kunden jeglichen Alters stehen im Mittelpunkt unseres Handelns. Wir sind fest davon überzeugt, dass sich der Multi-Channel Spielwarenhandel weiterhin positiv entwickeln wird und dass wir unsere Marke in Kontinentaleuropa erfolgreich einführen und ausbauen können. Toys "R" Us in der DACH-Region ist profitabel, hat ein starkes Führungsteam und viele treue Kunden. Dies ist ein guter Ausgangspunkt für unsere Expansion."

Im Hinblick auf die deutschen und österreichischen Teile von Toys "R" Us bietet die Transaktion der Familie eine auf Euro lautende Expansionsplattform nach Kontinental-Europa. In den letzten zehn Jahren hatte die Familie die Erweiterung in Großbritannien vorangetrieben. Der seit dem Brexit-Votum eingetretene Wertverlust des britischen Pfunds hat jedoch dazu geführt, dass die äußerst erfolgreiche britische Expansion weniger lukrativ geworden ist. Fakt ist, dass eine Übernahme der UK-Division von Toys "R" Us nicht in Betracht gezogen und damit die Liquidation des größten Mitbewerbers auf der Insel eingeleitet wurde. Somit sind sie nun dort Marktführer und werden auf der "Insel" weiter expandieren.

Der Geschäftsführer von Toys "R" Us Central Europe, Detlef Mutterer, sagte zum Deal: "Nach umfassenden Sondierungsgesprächen bin ich sehr zufrieden, dass Smyths Toys den Bieterprozess für unser Unternehmen gewonnen hat. Smyths Toys ist ein außerordentlich erfolgreiches Handelsunternehmen, das in der Vergangenheit stark gewachsen ist. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit in den kommenden Jahren, werden auf Kundenwünsche eingehen und zusammen das Geschäft vorantreiben. Wir haben schon jetzt viele gemeinsame Lieferanten und freuen uns auch weiterhin auf die konstruktive Zusammenarbeit mit all unseren Geschäftspartnern.“

Der in nahezu allen Medien vertretenen Meinung, amazon und generell der Online-Handel sei für das Ende des einstigen Marktführers verantwortlich, muss vehement widersprochen werden. Toys "R" Us, 1948 von Charles Lazarus gegründet, revolutionierte den Handel in der Nachkriegszeit mit neuen Konzepten - entwickelte sich danach aber nie weiter. Einkaufen auf der grünen Wiese, mit massenhaft Parkplätzen, wurde mit dem Internet immer uninteressanter. Im Gegenteil, das Einkaufen vom Sofa aus, wurde zum Zeitgeist. Nun hat Toys "R" Us es nie geschafft, auf den modernen Käufer einzugehen. Die Händer, die es vorbildlich verstanden haben, den Kunden dort abzuholen wo sie einkaufen, hätten als Vorbild dienen müssen und nicht als Ausrede! Toys "R" Us hatte ja sogar seinen größten Mitbewerber stark gemacht und in der Not amazon als Plattform für eigenen Onlineaktivitäten genutzt.

Das Unternehmen des kürzlich verstorbenen Charles Lazarus blieb also in den letzten 20 Jahren auf der Stelle stehen, war immer klamm und musste letztendlich im Jahr 2005 an Finanzinvestoren verkauft werden. Ein großer Teil des Kaufpreises wurde auf das Unternehmen als Darlehen übertragen (5 Mrd. USD). Die überhöhten Finanzleistungen von bis zu 400 Mio. USD im Jahr waren allerdings nie realisierbar - zumal nicht in die Zukunft investiert wurde. Seit Jahren ist das Ende abzusehen. Rückversicherer waren nicht bereit zu bürgen und trotzdem gibt es Lieferanten die auf dreistelligen Millionenbeträgen an Forderungen stehen...

Mit der aktuellen Übernahme wird Smyths Toys zu einem europäischen Spielzeuggiganten, der eine ehrgeizige Expansionsstrategie fährt. Mit seiner Multi-Channel-Strategie wird er dementsprechend das Online-Geschäft im Fokus haben und damit hierzulande nicht nur ein sehr mächtiger und potenter Mitbewerber des Fachhandels, sondern auch der etablierten Online-Plattformen werden. Hier konnte Toys "R" Us bislang überhaupt nicht punkten!

Ein wahrlich großer Coup ist da den Iren gelungen - Respekt Familie Smyth!