BAG Handelsverband-Pressemeldung
18. Juni 2003


Inventurdifferenzen im Handel 2002 noch über 1 % vom Umsatz

Gesamtverluste in Höhe von vier Milliarden Euro

Dem Einzelhandel entstanden 2002 Inventurdifferenzen in Höhe von rund 4 Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuell vom Handelsverband BAG und dem EuroHandelsinstitut, Köln, gemeinsam durchgeführte Erhebung über Inventurdifferenzen im deutschen Einzelhandel 2002. Obwohl die durchschnittlichen Inventurdifferenzen damit im Vergleich zum Vorjahr nahezu gleichgeblieben sind, erreichen sie dennoch 1,07 Prozent des Bruttoumsatzes und schmälern damit die Renditen im Einzelhandel nach wie vor erheblich.

Die Ladendiebstähle bewegten sich 2002 mit 549.353 angezeigten Fällen in etwa auf dem Vorjahresniveau (Vorjahr 541.656). Von der gesamten Verlustsumme entfallen allein auf unehrliche Kunden schätzungsweise 1,8 Milliarden Euro. Statistisch gesehen stiehlt damit jeder deutsche Haushalt jährlich Waren im Wert von 50 Euro im Einzelhandel. Allein auf den Lebensmittelhandel projiziert bedeutet das, dass jeder 200. Einkaufswagen unbezahlt an der Kasse vorbeigeschoben wird.

Zur Gegensteuerung setzt der Handel bei seinen Investitionen mehr auf Prävention als auf Überführungen von Ladendieben. In den letzten Jahren wurden vorbeugende und abschreckende Maßnahmen wie Warensicherungssysteme oder Kamera- und Detektiveinsätze intensiviert und optimiert, um den Möglichkeiten zum Ladendiebstahl zu begegnen. Ohne diese Anstrengungen wären die Verluste durch Ladendiebstahl noch weitaus höher ausgefallen.

An der aktuellen Untersuchung beteiligten sich 68 Unternehmen mit mehr als 5.800 Verkaufsstellen, die einen geschätzten Gesamtumsatz von rund 39 Milliarden Euro erwirtschaftet haben. Überwiegend waren filialisierte und großflächige Einzelhandelsbetriebe an der Erhebung beteiligt.

Fast vierzig Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass sich ihre Inventurdifferenzen in den letzten drei Jahren verbessert haben, während gleichzeitig jedes fünfte Unternehmen eine Verschlechterung feststellen musste.

Die stabile Entwicklung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die durch Inventurdifferenzen festgestellten Verluste gerade in konjunkturell schwachen Einzelhandelszeiten in einigen Branchen den Unternehmensgewinn übersteigen:

Im Lebensmittelhandel lagen die Werte der Supermärkte im Jahr 2002 mit 0,95 % vom Bruttoumsatz knapp unter der 1%-Hürde. Auf der Großfläche der Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser ist durchweg mit unter 0,9 % eine spürbare Verbesserung eingetreten.

Die Entwicklung bei C&C-Märkten zeigt überwiegend einen positiven Trend. Die Inventurdifferenzen sanken von 0,46 auf 0,39 Prozent an. Damit konnte die im Vorjahr aufgetretene Verschlechterung wieder ausgeglichen werden.

Bei den beteiligten Warenhausunternehmen stieg der Durchschnittswert von 1,21 auf 1,32 Prozent vom Bruttoumsatz. Drei Unternehmen mit einer schlechteren Entwicklung stehen drei Unternehmen mit besseren Inventurdifferenzen gegenüber.

Im Textilhandel ist per Saldo keine Veränderung festzustellen: Die gilt sowohl für die Textil-kaufhäuser, unverändert 0,97 % als auch für die übrigen Textilfachmärkte und -geschäfte mit durchschnittlich 1,26 % (Vorjahr 1,29 %).

Baumärkte und Drogeriemärkte müssen mit relativ hohen Inventurdifferenzen von nahezu 2 Prozent leben. Obwohl der arithmetische Durchschnittswert in Baumärkten leicht gesunken ist, hat die Mehrheit der Unternehmen geringfügig schlechtere Werte feststellen müssen.

Ein Effekt darf nicht unerwähnt bleiben: 2002 haben viele der an der Untersuchung beteilig-ten Unternehmen Umsatzrückgänge zu beklagen gehabt. Dies führt dazu, dass bei absolut gleichbleibender Verlusthöhe die prozentual ausgewiesene Inventurdifferenz höher ausfallen muss. Außerdem kommt hinzu, dass sicher auch ein Personalabbau stattgefunden hat, der sich üblicherweise eher negativ auf Inventurdifferenzen auswirkt. Umso positiver sind des-halb die Ergebnisse zu beurteilen!

Zur Einschränkung von Inventurdifferenzen steht dem Handel ein vielseitiges Maßnahmenspektrum zur Verfügung, dass je nach Unternehmen unterschiedliche Schwerpunkte erhält. Nach wie vor haben Personalschulungen zur Vermeidung von Inventurdifferenzen im Handel die größte Bedeutung und werden selbst von einfachen und kostengünstigen Maßnahmen wie der Beschilderung unter Hinweis auf Strafandrohungen oder auf technische Sicherheits-vorkehrungen nicht übertroffen. Immerhin mehr als Dreiviertel aller Unternehmen setzen Warensicherungen, Kameras und Detektive ein.

Verursacher von Inventurdifferenzen
Grundsätzlich sind vier Verursachergruppen verantwortlich für Inventurdifferenzen, nämlich Kunden, eigene Mitarbeiter, Mitarbeiter von Lieferanten und Servicekräfte sowie organisatorische Mängel. Über deren Anteile stehen jedoch nur Schätzwerte zur Verfügung. Nach Einschätzung der Erhebungsteilnehmer verursachen Kunden im Durchschnitt 47 %, Mitarbeiter 23 %, Lieferanten und Servicekräfte zusammen rund 9 % der entstehenden Verluste. Auf organisatorische Mängel entfallen rund 21 %. Allerdings ergeben sich je nach Branche gravierende Unterschiede in der Einschätzung. Etwa 8 % der ermittelten Inventurdifferenzen stellen nach Einschätzung der Erhebungsteilnehmer keine Verluste dar, sondern sind im weitesten Sinne auf Unzulänglichkeiten in der Bestandsfortschreibung und damit der Ermittlungsbasis für Inventurdifferenzen zurückzuführen.

Weitere Daten, Hintergründe und detailliertere Auswertungen zur Entwicklung der Inventur-differenzen sind als Studie des EuroHandelsinstitutes zum Preis von 75 Euro zzgl. Versand und Mehrwertsteuer beim EHI-Verlag zu beziehen.