Schleich-Mehrheit an Finanzinvestor verkauft

Brandora Redaktion - Dezember 2006

 
Britischer Investor angelt sich Schleich

Der Finanzinvestor HgCapital hat eine Mehrheit am schwäbischen Spielwarenhersteller Schleich erworben. Nur Paul Kraut, einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter, wird noch einen Minderheitsanteil am Unternehmen behalten. Schleich ist einer der Marktführer in der Herstellung von Tier-, Ritter- und Comicfiguren aus Kunststoff. Das rentable Unternehmen war in den 60er Jahren durch Figuren wie die Schlümpfe oder Biene Maja bekannt geworden, konzentriert sich aber heute auf die Fertigung von detailgenauen und naturnahen Tieren. Das Produktprogramm umfasst 430 Figuren, die am Firmensitz in Schwäbisch Gmünd im Spritzgussverfahren hergestellt und anschließend in Tunesien von Hand bemalt werden. Neben dem Stammsitz gibt es Vertriebstöchter in Frankreich, England und Kanada.

HgCapital verwaltet ein Fondsvermögen in Höhe von 2,5 Mrd. € und investiert in Unternehmen mit einem Geschäftswert von 75 bis 500 Mio. Euro. Von den Niederlassungen in London, Frankfurt und Amsterdam aus investiert HgCapital in Unternehmen mit Standort in Westeuropa, hauptsächlich in Großbritannien, Irland, Deutschland und den Beneluxstaaten. Die Transaktion ist das derzeit sechste Investment des deutschen Teams von HgCapital. Zugleich ist sie ein Beleg für die Fähigkeit der auf diesem Gebiet führenden Private-Equity-Häuser, starke, wachstumsorientierte Partnerschaften mit erfolgreichen Familienunternehmen einzugehen. Im wichtigen deutschen Markt ist Schleich für HgCapital das derzeit sechste Investment und das aktuell zweite im Konsumgüter-Sektor. Über den Kaufpreis für Schleich wurden keine Angaben gemacht.

Bisher waren die Schleich-Anteile auf drei Familienstämme verteilt. Bis auf Paul Kraut, der das Unternehmen seit 2004 leitet, werden die drei anderen Mitgesellschafter, allesamt Vertreter der Elterngeneration, ihre Anteile abgeben. Das 1933 von Friedrich Schleich in Stuttgart gegründete Unternehmen hatte nach eigenen Angaben in den Jahren 2003 bis 2005 den Umsatz nahezu verdoppelt. Im laufenden Geschäftsjahr soll der Umsatz auf mehr als 80 Mio. EUR steigen. Mit dem starken Wachstum der vergangenen Jahre konnte sich Schleich vom negativen Markttrend bei klassischen Spielwaren abkoppeln und seine Marktanteile signifikant ausbauen. Beschäftigt werden rund 250 Mitarbeiter, doch diese Zahl könnte bald steigen.

Mit Abstand wichtigste Produkte aus dem Schleich-Programm sind die Tierfiguren der Serien „Farm Life“ und „Wild Life“. Zum Sortiment gehören – als älteste Serie aus dem Hause Schleich – auch die bekannten „Schlümpfe“, die jedoch im Unterschied zu den übrigen, selbst entwickelten Produkten des Unternehmens in Lizenz hergestellt werden und nur noch einen Umsatzanteil im niedrigen einstelligen Prozentbereich ausmachen.

Die HgCapital erklärte, der Spielwarenhersteller habe sich in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt und man habe gute Aussichten, national und international profitabel zu wachsen. Der Einstieg bei Schleich sei ein Beleg dafür, dass diese Finanzierungsform als Lösung für das Nachfolgeproblem von Familienunternehmen im deutschen Mittelstand zunehmend in Frage komme. Die operativen Strukturen von Schleich bleiben von der Akquisition durch HgCapital unberührt, und auch das bestehende Management verantwortet unverändert die Steuerung des Unternehmens.

Paul Kraut betonte, mit dem Finanzinvestor gebe es einen Partner, der die Eigenständigkeit des Unternehmens sichere. Chancen sieht der 40 Jahre alte Geschäftsführer im Ausland, wo etwa 50% des Umsatzes erzielt werden. Aber national sieht er noch großes Potential. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wird er zitiert: "Unsere Produktion reicht nicht einmal aus, dass jedes Kind in Deutschland pro Jahr ein Tier kaufen kann - das heißt der deutsche Markt ist nicht gesättigt". In der FAZ heißt es weiter: "Der Markterfolg von Playmobil oder Lego, die ebenfalls mit kleinen Kunststoff-Figuren ganze Erlebniswelten gestalten - und verkaufen - lässt erahnen, wo das Potential von Schleich liegt".

Justin von Simson von HgCapital in Frankfurt kommentierte: „Schleich hat sich in den vergangenen Jahren fantastisch entwickelt. Und wir sind davon überzeugt, dass das Unternehmen sowohl in Deutschland als auch auf seinen internationalen Märkten hervorragende Aussichten hat, weiterhin profitabel zu wachsen. Um dieses große Potenzial in den nächsten Jahren zu realisieren, werden wir dem Management von Schleich künftig mit unseren Ressourcen und unserem Know-how zur Verfügung stehen.“

Paul Kraut, geschäftsführender Gesellschafter von Schleich, erklärte: „HgCapital als starker und erfahrener Finanzinvestor ist für uns der ideale Partner, um die Eigenständigkeit des Unternehmens zu sichern und zugleich den von uns eingeschlagenen Wachstumskurs umzusetzen. Dabei wird uns HgCapital uneingeschränkt unterstützen. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir mit HgCapital als Garant für Kontinuität die Erfolgsgeschichte von Schleich fortschreiben können.“

Im Mai war bereits der Modellbahn-Marktführer Märklin nach monatelangem Ringen von dem britischen Investor Kingsbridge Capital übernommen worden. Es werden sicherlich bald weitere deutsche Spielzeughersteller in den Händen ausländischer Finanzinvestoren landen. Kandidaten dafür gibt es reichlich, man braucht sich nur die Liste der traditionellen Modellbahn, Plüsch- und Puppenhersteller anzuschauen!