Spielzeug ist der Gebrauchsgegenstand, dessen Sicherheit mit großem Abstand am umfassendsten geregelt ist. Unter der ersten New Approach EU-Richtlinie 88/378 EWG wurden die harmonisierten EN-Normen der 71er Reihe mit über 200 Seiten speziellen Sicherheitsbestimmungen für Spielzeug entwickelt. Zum Vergleich: für andere Gebrauchsgegenstände auch im sensiblen Anwendungsbereich gibt es überhaupt keine speziellen Sicherheitsbestimmungen, z.B.: Zahnbürste....
Steht die Spielzeugsicherheit nur auf dem Papier? Der Hersteller oder verantwortliche Importeur bestätigt mit dem CE-Zeichen in eigener Verantwortung „die Konformität", nämlich, dass das Spielzeug den europäischen Sicherheitsbestimmungen entspricht. In aller Regel bedienen sich dabei die Anbieter der Expertise der von der EU-Kommission „benannten Stellen" (notified bodies) wie TÜV-Rheinland, LGA Nürnberg, Intertek, STR.
Wie kommt es zu Rückrufaktionen von Spielzeug? Jährlich werden auf der Nürnberger Spielwarenmesse ca. 1 Million Spielzeuge angeboten. Nach dem europäischen RAPEX-System werden einzelne Beanstandungen von Spielzeugen - egal von welchem EU-Mitgliedstaat sie erhoben werden - sofort europaweit gemeldet und verfolgt. Nach diesem System wurden im Jahre 2006 94 Produkte beanstandet. Im Hinblick auf die Vielzahl der angebotenen Produkte und die filigranen Sicherheitsbestimmungen wird es schwierig sein, die Beanstandungsquote bei 1 Million angebotener Spielzeuge zu 94 Beanstandungen = 0,094 Promille zu unterschreiten.
Ist Spielzeug aus China unsicherer als in Europa hergestelltes? Die enorme Umsatzsteigerung von Spielzeugen aus chinesischer Fertigung (Importe nach Deutschland lt. Statistischem Bundesamt 1996: 500 Millionen Euro, 2006: 1,8 Milliarden Euro) erklärt sich vor allen Dingen aus dem Wunsch der deutschen Konsumenten nach niedrigpreisigem Spielzeug. Der daraus resultierende Kostendruck wird in der gesamten Lieferkette weitergegeben. Hersteller in China versuchen, wie jeder andere Hersteller auch, diesen Kostendruck durch Minimierung der Herstellungskosten aufzufangen. Die chinesischen Hersteller, die sich erst seit 20 Jahren mit der Fertigung von Spielzeug befassen, sind naturgemäß mit der Materie eurpäischer Spielzeugsicherheit nicht so vertraut wie die europäischen Hersteller. Deswegen betreiben die importierenden europäischen Unternehmen einen erheblichen Aufwand, um sicher zu stellen, dass die Serienprodukte den identischen Sicherheitsstandard aufweisen wie das auf Sicherheit geprüfte Erstmuster.
Mit Rücksicht darauf, dass die Erfüllung vieler Sicherheitsbestimmungen nur durch zerstörende Prüfungen nachweisbar ist, scheidet eine 100% Prüfung denknotwendig aus. Die jetzt bekannt gewordenen Rückrufaktionen zeugen von derartigen laufenden zerstörenden Stichprobenprüfungen. Bei unsichtbaren Veränderungen der Produkte kann jedoch nicht immer die Stichprobenprüfung vor der Auslieferung der Spielzeuge erfolgen. Deutschland ist berühmt für seine Vielfalt von klassischen Spielzeugen hochwertiger Qualität. Diese Produkte haben einen Preis, für den der Verbraucher mit Recht eine hervorragende Qualität mit entsprechendem Sicherheitsniveau über eine lange Lebensdauer erwarten darf.
Gefeit vor Rückrufaktionen ist jedoch kein Spielzeug, ebenso wie Automobile – auch der Luxusklasse!
Kann die Spielzeugsicherheit gesteigert werden? Verschiedentlich wird in der Öffentlichkeit eine über das staatliche CE-Zeichen hinausgehende Kennzeichnung gefordert. Diese auf Prüfungen beruhenden Kennzeichnungen würden einen Sicherheitszuwachs jedoch nur leisten können, wenn die Kennzeichnung für eine 100% Kontrolle des Spielzeugs stehen würde. Die ist, wie gezeigt, nicht realisierbar.
Spielzeugsicherheit basiert im wesentlichen auf entsprechendem Wissen der Verantwortlichen in der gesamten Lieferkette. Deswegen hat der Deutsche Verband der Spielwarenindustrie e.V. weltweit als erster und bisher einziger in Kooperation mit dem TÜV Rheinland einen Spielzeugsicherheitsservice entwickelt. Im Zuge dieses Services werden Mitarbeiter aller Unternehmen der Lieferkette zu Spielzeugsicherheitsfachkräften ausgebildet. Mit Hilfe eines Standardsicherheitsprüfstandes sind sie dann in der Lage, permanent die Sicherheit selbst zu prüfen und in das Sicherheitsmanagement notwendige Laborprüfungen durch notified bodies zu integrieren.
Nürnberg/Stuttgart,15. August 2007
Dr. Volker Schmid Geschäftsführer |