Aus dem Kölner Stadt Anzeiger vom 3. Dezember 2003

Mainzelmännchen
Latzhose gegen Jeans getauscht

von Alexandra Klaus

 

Die putzigen Fernsehfiguren waren vom ZDF zunächst als Pausenfüller bei Bildstörungen vorgesehen.

Der kleine Bauchansatz wölbte sich unübersehbar, die Frisur war zum Haare-Raufen und die täglich vorgeführte Latzhose ließ ebenfalls nicht auf besonders ausgeprägtes Modebewusstsein schließen: Mit 40 Arbeitsjahren auf dem rundlichen Buckel hätte das ZDF die Mainzelmännchen als seine dienstältesten Mitarbeiter langsam auf den Vorruhestand vorbereiten können. Stattdessen aber spendierte der Sender seinen sechs Zeichentrickfiguren einen Aufenthalt auf der Schönheitsfarm. "Wir haben unsere Mainzelmännchen zum Friseur geschickt und die Latzhosen gegen Jeans und T-Shirts eingetauscht", beschrieb Chefdesigner Alexander Hefter die Verjüngungskur bei der Vorstellung der neuen Trickfiguren in München. Die knuffigen Kerlchen speckten - bis auf den verfressenen Anton - nicht nur ab, sondern wurden auch dem Zeitgeist angepasst: Edi erhielt einen feuerroten Haarschopf; Anton der ein wenig "prollige" Genießer, hat sein Zimmer mit Technik von Riesenboxen bis zum DVD-Player vollgestellt. Trendsportler Fritzchen pumpt derweil mit Hanteln. Und der chaotische Conni ist neuerdings als Rapper unterwegs. Seine Erfahrungen als Künstler konnte Conni einbringen : Die "Boygroup" wird im Januar 2004 eine CD mit deutschsprachigen Popsongs rausbringen. Bereits in ihrer "Jugend" waren die Trickfiguren ins Tonstudio gegangen und hatten für ihre Sangeskünste sogar eine "Goldene Schallplatte" erhalten. Meist aber beschränkten sich ihre Äußerungen auf ein dissonant gequaktes "Gud´n Aaamd!"

Erstmals konnten die Zuschauer die Mainzelmännchen am 2. April 1963 in Schwarz-Weiß bewundern, einen Tag nachdem das ZDF seine Ausstrahlung gestartet hatte. Ursprünglich sollten sie nur bei Bildstörungen das Publikum bei Laune halten, doch das Sextett gefiel Gründungsintendant Karl Holzamer so gut, dass er es zwischen Werbespots platzierte. Die Zipfelmützenträger entwickelten sich zum Markenzeichen des Senders und überbrückten mit ihren Späßen die Schnitte zwischen den Werbespots. Als Thema einer wissenschaftlichen Arbeit sorgten die Mainzelmännchen für Wirbel: Sie seien, so hieß es in der Studie, so attraktiv geworden, dass die eigentliche Hauptsache - nämlich die Werbung - zur Nebensache zu geraten drohe. "Eine Erkenntnis ohne Folgen", kommentierte Figuren-"Ziehvater" Wolf Gerlach. Mit Einführung des Farbfernsehens 1967 trieben es die Mainzer Gesellen dementsprechend bunt. Ihren Namen verdanken sie ZDF-Mitarbeitern aus Mainz, die Ende 1962 in Berliner Studios Tag und Nacht wie die Heinzelmännchen für den Sendebeginn arbeiteten.