Nun auch BRIO in schwerwiegenden finanziellen Nöten

BRIO - Februar 2009

 
Der Aufsichtsrat befürchte eine baldige Zahlungsunfähigkeit.

Der Traditionsbetrieb arbeite zurzeit nicht rentabel und benötige daher dringend eine Refinanzierung, hieß es im Jahresbericht der weltweiten Nummer 1 für Holzspielzeug. BRIO ist schon seit Jahren angeschlagen. Für das Geschäftsjahr 2008 wurde im Jahresbericht ein Rückgang des Nettoumsatzes von 930,1 Mio. Schwedischen Kronen (85,3 Mio. EURO) auf 892,5 Mio. SEK (81,9 Mio. EURO) genannt. Der operative Verlust ging von 52,7 Mio. SEK (4,8 Mio. EURO) auf 44,8 Mio. SEK (4,1 Mio. EURO) zurück.

Der Aufsichtsrat der schwedischen Holding erklärte, kurz vor der Zahlungsunfähigkeit zu stehen. Mindestens 300 Millionen Kronen (etwa 28 Millionen Euro) benötigt BRIO nach Schätzungen des Kontrollgremiums, um zunächst zu überleben. Im vergangenen Jahr machte BRIO nach Steuern umgerechnet etwa sieben Millionen Euro Verlust - inklusive einmaliger Einnahmen aus Grundstücksverkäufen. Andreas Sbrodiglia übernahm am 1.1.2009 die Leitung des Unternehmens, CFO Håkan Johansson wurde zum stellvetretenden CEO. Das neue Management will bis zum 13. März ein Konzept vorlegen, wie die Aktiengesellschaft zu retten sei. Die Aussichten sind allerdings nicht allzu gut.

Das Weihnachtsgeschäft 2008 lief zwar ganz gut für die BRIO-Produkte, sagt Finanzchef Håkan Johansson. Aber die für den Vertrieb zuständige Tochterfirma Scanditoys - sie vertreibt in Skandinavien auch Produkte anderer Marken, unter anderem Märklin - hatte Absatzprobleme. Die Lagerbestände wuchsen deutlich stärker als erwartet. Damit wurde viel Kapital gebunden und nun ist der Konzern langsam nicht mehr liquide. Das Haupteigentümer Proventus gewährte wegen der angespannten Situation im Dezember einen kurzfristigen Kredit in Höhe von 60 Millionen Kronen.

Das bereits 1884 von Bengt Ivarsson gegründete Unternehmen galt lange als eines der leistungsfähigsten Spielwaren-Handelsunternehmen in Skandinavien. Der BRIO-Konzern unterhält Niederlassungen in zehn Ländern und beliefert etwa 50 Staaten. Die deutsche Niederlassung wurde 1974 gegründet. BRIO®-Spielwaren gelten in aller Welt als besonders sorgfältig gefertigte, spielgerechte und sichere Kindheitsbegleiter. Die weltbekannte BRIO®-Bahn gibt es bereits seit der Mitte der fünfziger Jahre. Zwar entwickelt und testet BRIO das Holzspielzeug weiterhin in Schweden, die Produktion wurde aber schon vor längerer Zeit nach China ausgelagert. BRIO ist nicht nur für Holzspielsachen bekannt. Zum Sortiment gehören auch Kinderwagen, Kindersitze fürs Auto sowie Gitterbettchen und andere Spezialmöbel für die Kleinsten. 2004 zogen sich die Nachkommen von Bengt Ivarsson als Hauptaktionäre aus dem angeschlagenen Unternehmen zurück, sie halten nur noch eine Minderheit an dem ehemaligen Familienbetrieb. Mit Proventus übernahm ein auf Sanierungen spezialisierter Investor 60% der Aktien. BRIO erweiterte sein Sortiment und schloss erfolgreiche Lizenzverträge ab, doch das Unternehmen konnte die Verlustzone nicht dauerhaft verlassen. Ende 2008 wurden 30 der 400 Beschäftigten entlassen.

Christian Alsbaek, Geschäftsführer der BRIO Deutschland GmbH, zur aktuellen Situation:

BRIO hat im vierten Quartal im Jahr 2008 ein negatives Finanzergebnis erwirtschaftet, das zusammen mit den Verlusten aus dem letzten Jahr zu einer momentan schwierigen finanziellen Situation geführt hat. Sowohl der Umsatz als auch das finanzielle Ergebnis der BRIO AB sind schlechter im Vergleich zum Jahr 2007.

Momentan arbeitet das Management von BRIO zusammen mit dem Aufsichtsrat intensiv daran, kurz- und langfristig neues Kapital zu beschaffen. Dieses Refinanzierungsprogramm wird bis 13.3.2009 vorgelegt. Dies kann zu einer Anteilsverschiebung in dem Mehrheitsverhältnis der BRIO AB führen, oder es kommt zu einer erneuten Kreditvergabe der jetzigen Anteilseigner.

Kurzfristig benötigt die BRIO AB liquide Mittel in Höhe von ca. 300 Mio SEK (28,6 Mio €). BRIO hat einen finanzstarken Hauptanteilseigner und ein starkes Management, die gemeinsam voll hinter BRIO und den zu ergreifenden Maßnahmen stehen. Der Aufsichtsrat, allen voran dessen Vorsitzender Daniel Sachs, der zugleich auch Vorstandsvorsitzender des Hauptanteilseigners Proventus ist, unterstützt BRIO in allen Belangen und trägt voll zur Konsolidierung des Unternehmens bei. Das Management – mit dem seit dem 1.1.2009 neu im Amt stehenden CEO Andreas Sbrodiglia – hat einen Finanzplan für die Jahre 2009 bis 2011 aufgestellt, der gestern vom Aufsichtsrat verabschiedet wurde und nächste Woche vorgestellt wird.

Darüber hinaus wurde im letzen Quartal des Jahres 2008 ein Rationalisierungsplan auf den Weg gebracht, der Kostensenkungen von mindestens 40 Mio SEK zur Folge haben wird und von 2010 an voll greift. Damit einhergehend sind Einmalkosten von 15,5 Mio SEK in Q4/2008 angefallen, weitere Einmalkosten von 24,5 Mio SEK werden in Q1/2009 erwartet. Bis auf weiteres, sind trotz der schwierigen Situation, alle Zahlungen (Löhne und Gehälter, Steuern und Lieferantenrechnungen etc.) gesichert. Die BRIO Deutschland GmbH selbst konnte im Jahr 2008 einen Umsatzgewinn von 25 Prozent verbuchen.

Die Unternehmensführung in Schweden wie in Deutschland wird alle Anstrengungen unternehmen, die älteste existierende Marke auf dem Spielwarenmarkt zu konsolidieren und weiter zu führen. Mit neuen Produkten, Marktstrategien und weiter forcierten Kontakten zu Investoren werden wir um unser Unternehmen kämpfen. BRIO hat Generationen von Kindern begleitet, die BRIO AB steht als Synonym für Spielfreude, Qualität und Kreativität, der Fortführung dieser Markenwerte sind wir schon unserer eigentlichen Zielgruppe – den Kindern – verpflichtet.

Wir bitten unsere Kunden und Lieferanten um Verständnis für die derzeitige Situation und versichern, dass alles notwendige getan wird, dass der positive Trend bei den BRIO ToPlay, ToGo und ToBe Produkten weiter ausgebaut wird.