Gläubiger stimmen für Sanierungsplan: Galeria Karstadt Kaufhof gerettet?

29.5.2024 BRANDORA
Lizenzbranche Spielwaren
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Am 28. Mai 2024 stimmten die Gläubiger von Galeria Karstadt Kaufhof dem Sanierungsplan für die insolvente Warenhauskette zu, wie Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus bekannt gab. Damit ist die letzte große Hürde für die Rettung des Unternehmens genommen. Formal steht das Insolvenzverfahren kurz vor dem Abschluss, und nach Ablauf der Einspruchsfrist kann das Amtsgericht Essen das Verfahren im Juni endgültig aufheben. Damit ist der Weg frei für die Übernahme durch die neuen Eigentümer.

Übergabe an neue Eigentümer im Juli

Die US-Investmentgesellschaft NRDC und die Beteiligungsfirma des Unternehmers Bernd Beetz, der bis 2012 Vorstandschef des Kosmetikkonzerns Coty war, planen, die Warenhauskette im Juli zu übernehmen. In den letzten Wochen hatten Vermieter, Lieferanten und andere Gläubiger, darunter auch der Bund, Forderungen in Höhe von 886,1 Millionen Euro angemeldet. Voraussichtlich fließen nur bis zu 22,5 Millionen Euro, das entspricht etwa 2,5 bis 3,0 Prozent der Gesamtforderungen, an sie zurück. Zahlungen aus den Ansprüchen gegen den bisherigen Eigentümer, die Signa-Gruppe des Unternehmers René Benko, könnten die Quote noch erhöhen.

Arbeitsplatzverluste und Filialschließungen

Obwohl die Rettung von Galeria Karstadt Kaufhof gesichert ist, sind die Folgen für die Belegschaft tiefgreifend. Rund 1.400 Mitarbeiter müssen das Unternehmen verlassen, und 16 der aktuell noch 92 Filialen stehen vor der Schließung. Die Zukunft der verbleibenden Mitarbeiter bleibt unsicher. Ver.di-Verhandlungsführer Marcel Schäuble fordert von den neuen Eigentümern ein tragfähiges Zukunftskonzept, das ausreichende Investitionen vorsieht, um das Warenhauskonzept, die Standorte und die Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Die neuen Eigentümer haben angekündigt, in den nächsten zwei bis drei Jahren bis zu 100 Millionen Euro zu investieren.

Benchmarkvergleich - Hilft der Blick ins Ausland?

Bespricht man die Dreifach-Insolvenz dieser Warenhausgruppe mit Fachleuten aus dem Handel stößt man oft auf ratlose Gesichter. Ein Blick auf "funktionierende" Alternativen im europäischen Ausland zeigt, dass Galeria Karstadt Kaufhof in vielen Bereichen seine Hausaufgaben nicht gemacht hat:

  1. Online-Präsenz: Erfolgreiche Ketten verfügen über starke Online-Shops mit breitem Sortiment und guter Benutzerfreundlichkeit. Der Online-Shop von Karstadt Galeria Kaufhof ist dagegen in diesen Bereichen unterlegen.
  2. Kundenorientierung: Viele erfolgreiche Ketten haben einen guten Ruf in puncto Kundenorientierung und bieten exzellenten Kundenservice, großzügige Rückgaberegelungen und Zusatzleistungen wie Lieferung nach Hause, Montage und Reparatur. Karstadt Galeria Kaufhof konnte hier nicht mithalten.
  3. Modernität: Die Filialen erfolgreicher Ketten sind modern und ansprechend gestaltet, was ein angenehmes Einkaufserlebnis bietet. Dagegen wirken die Filialen von Karstadt Galeria Kaufhof oft veraltet und unmodern.

Und das sind nur drei der offensichtlichsten Punkte.

Unklare Zukunft

Für die verbliebenen Beschäftigten endet das Bangen nach der dritten Insolvenz innerhalb von weniger als vier Jahren zunächst, doch die Zukunft des Unternehmens bleibt ungewiss. Die bisherigen Konzepte des Investorenduos Bernd Beetz und Richard Baker werden als zu vage und die geplanten Investitionen als zu gering angesehen. Die Mitarbeiter haben bisher am meisten unter dem Niedergang gelitten

Die Übernahme verschafft dem Unternehmen vor allem Zeit, sich zu stabilisieren. Dies eröffnet auch den Beschäftigten die Möglichkeit, sich nach neuen Perspektiven umzusehen, da Fachkräfte im Einzelhandel stark nachgefragt sind.

Umgang mit Lieferanten und interne Herausforderungen

Auch im Umgang mit Lieferanten hat die Gruppe einen schlechten Ruf. Die Konditionsforderungen und die Art der Belieferung passen oft nicht zur Realität spezialisierter Lieferanten, und der persönliche Umgang war teilweise fragwürdig. Die Essener Zentrale steht schon seit vielen Jahren in großen Teilen leer. Der große Haupteingang mit Rolltreppe kann vielleicht einiges wettmachen, aber wer den Hintereingang kennt, hat sich vielleicht auch schon in den Fluren aus Sichtbeton verlaufen.

Insgesamt zeigt sich, dass Galeria Karstadt Kaufhof in vielen Bereichen hinterherhinkt und dringend umfassende Reformen benötigt, um wieder konkurrenzfähig zu werden und eine stabile Zukunft für seine Mitarbeiter zu gewährleisten.

Eine Mammutaufgabe in wirtschaftlich angespannten Zeiten

Die Sanierung von Galeria Karstadt Kaufhof stellt in den aktuell wirtschaftlich angespannten Zeiten eine Mammutaufgabe dar, die schwer zu bewältigen sein wird. Die Warenhäuser sind seit Jahrzehnten zentrale Punkte in den Innenstädten und ein wichtiger Bestandteil des stationären Einzelhandels. Ihre Schließung würde zu einer deutlichen Verringerung der Einkaufsangebote führen, was insbesondere kleine und mittelständische Geschäfte in der Umgebung der Galeria-Filialen negativ beeinflussen könnte. Zusätzlich würde die Schließung der Filialen in den Top-Lagen der Innenstädte zu einer Zunahme der Leerstände führen, was die Attraktivität der Innenstädte für Einwohner und Touristen erheblich verringern würde.

In dieser schwierigen Lage kann man sich nur ein mutiges neues Management für die Gruppe wünschen. Ein engagiertes und entschlossenes Führungsteam könnte durch eine Reihe mutiger und konsequenter Maßnahmen das Unternehmen wieder solvent und stabil machen. Die Herausforderung besteht darin, innovative Strategien zu entwickeln und umzusetzen, um die Warenhauskette an die Anforderungen des modernen Marktes anzupassen und ihre zentrale Rolle in den Innenstädten zu bewahren.

Die Bedeutung von Galeria in der Spielwaren- und Lizenzbranche

In den 90er Jahren waren die Spielwarenabteilungen von Kaufhof und Karstadt wahre Paradiese für Kinder. Diese Abteilungen boten ein breites Sortiment an Spielzeug von bekannten Markenherstellern wie Lego, Playmobil und Barbie. Die farbenfroh gestalteten Abteilungen boten nicht nur Spielzeug, sondern auch Spielflächen und interaktive Elemente, die Kinder zum Verweilen einluden. Diese Abteilungen waren bedeutende Umsatzbringer für die Warenhäuser und trugen maßgeblich zur Rentabilität der Unternehmen bei.

Leider sind diese Zeiten vorbei. Nicht erst seit der Fusion der beiden Warenhäuser im Jahr 2019 haben Händler wie Müller mit ihrem breiten Angebot Galeria Kaufhof und Karstadt in diesem Bereich den Rang abgelaufen. Auch im Umgang mit Lizenzprodukten konnte die Kette in der Vergangenheit wenig glänzen. Kategorieübergreifende Themenwelten wären eine fantastische Idee gewesen und für einen Vollsortimenter wie Galeria sicherlich umsetzbar. Doch oft wurden solche Themenwelten im Eingangsbereich zugunsten von Schnäppchenangeboten oder schnell verkauften Artikeln verdrängt.

Der Warenhausriese schuf nicht die nötigen Strukturen, um themenbezogene Aufbauten am Point of Sale (POS) zu gestalten. Stattdessen mussten Kunden oft durch einzelne Fachabteilungen navigieren, um Produkte zu finden, die ihrem Fandom entsprachen. Zwar konnten die Schaufenster von Galeria glänzen und beeindruckten regelmäßig mit kreativen Aufbauten, doch am Verkaufspunkt selbst wurde das Einkaufserlebnis oft fragmentiert und wenig kundenfreundlich gestaltet.

Interessieren Sie sich für die Geschichte der beiden Warehausketten.
Wir haben dies hier kurz zusammengefasst.

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