James Bond rettet die Welt – aber wer schützt Miss Moneypenny? Aus der Perspektive von Dr. Frank Hagemann

Eine heikle Frage des Markenrechts beschäftigt derzeit den Bundesgerichtshof (BGH). Die Markeninhaber des legendären Film-Agenten James Bond verklagen einen deutschen Anbieter von Sekretariatsdienstleistungen, der den Namen der dazu passenden Filmfigur nutzt: Miss Moneypenny. Wie der Fall juristisch zu bewerten ist, erklärt exklusiv für BRANDORA unser Gastautor Dr. Frank Hagemann, Partner und Rechtsanwalt bei der Kanzlei FPS in Hamburg und spezialisiert auf Marken-, Urheber-, Design- und Wettbewerbsrecht.
Ob die berühmte Sekretärin schutzlos bleibt oder ob es für sie doch ein Happy End gibt, über diese Frage wurde in der vergangenen Woche vor dem Bundesgerichtshof verhandelt. In den zwei Vorinstanzen, dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Hamburg, war es den Bond-Leuten nämlich nicht gelungen, ihre Filmfigur vor Konkurrenz in der realen Welt zu schützen. Auslöser des Streits war die Geschäftsidee einer früheren Personalberaterin, unter dem Namen MONEYPENNY einen Sekretariats- und Assistenzdienst zu gründen, den sie mittlerweile auch im Rahmen eines Franchise-Systems vermarktet. Das gefiel den Bond-Rechteverwertern nicht, die nach erfolgloser Abmahnung gegen die Verwendung von MONEYPENNY und mymoneypenny.com klagten.
Nicht eingetragene Marke nicht anerkannt
Auf die Allzweckwaffe einer Markeneintragung konnten sie sich dabei nicht setzen. Das umfangreiche Portfolio des Verwertungsunternehmens schützt zwar neben berühmten Claims und Titeln wie „LICENCE TO KILL“; „SHAKEN NOT STIRRED“, „THE SPY WHO LOVED ME“ auch alle möglichen Figurennamen wie „Dr. NO“, „Felix Leiter“, „Jinx“, „007“, „Goldfinger“ und „James Bond“, die treue Sekretärin aber scheint man vergessen zu haben. Rechte aus einer nicht eingetragenen Marke, die die Klägerin stattdessen geltend machte, erkannte das Gericht nicht an mit der Begründung, dass „Moneypenny“ eine Filmfigur bezeichne und keine konkrete Ware oder Dienstleistung.
Deshalb mussten die Bond-Anwälte auf das Wettbewerbsrecht zurückgreifen. Der Schuss traf indessen auch nicht, Landgericht und Oberlandesgericht ließen die Ansprüche an einem fehlenden Wettbewerbsverhältnis scheitern. Es hätte einer tatsächlichen Konkurrenzsituation bedurft, ein nur potentielles Wettbewerbsverhältnis reicht nach Ansicht der Richter nicht aus. Auf Lizenzgeschäfte im Bereich des Sekretariats und der Assistenz konnte sich die Klägerin nicht berufen. Eine mögliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Verwertung der Filmrechte durch die Tätigkeit der Beklagten erkannten die Richter nicht.

Hat Moneypenny genug Charakter?
Kein Grund zum Aufgeben für die Rechteverwerter, die noch eine letzte Patrone im Lauf hatten: Unter bestimmten Umständen kommt für fiktive Figuren und Charaktere ein eigenständiger Titelschutz in Betracht; unabhängig von dem Film oder sonstigen Werk, für das sie erdacht wurden. Die Hürden dafür sind allerdings bisher recht hoch. Die Rechtsprechung verlangt, dass die Figur aufgrund einer unverwechselbaren Kombination äußerer Merkmale, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und typischer Verhaltensweisen sich gleichsam vom Werk loslöst und ein „Eigenleben“ entwickelt, es braucht eine ausgeprägte Persönlichkeit mit einem klaren Bild und einer gewissen Bekanntheit. So gegensätzliche Figuren wie Obelix und Pippi Langstrumpf hatten diese richterliche Hürde zuvor bereits genommen. Miss Moneypenny scheiterte jedoch daran. Auf Äußerlichkeiten ließ sich der Schutz nicht stützen, denn die Figur wurde seit 1962 von sehr unterschiedlich aussehenden Schauspielerinnen verkörpert, wie nicht nur das Gericht erkannte. Deshalb argumentierte die Klägerin mit den Charaktereigenschaften von Miss Moneypenny, jedoch ebenfalls ohne Erfolg. Dass sie eine besonders zuverlässige Sekretärin sei, „stets herausragend ihre professionellen Leistungen abrufe“ und „professionell stets an vorderster Front bleibe“, wie die Klägerin geltend machte, ja sogar der „Prototyp einer Sekretärin“ sei, genügte den Richtern nicht. Daraus leite sich kein ausreichend deutliches Bild eines Charakters ab.

Cliffhanger wird am 04. Dezember aufgelöst
Auch der Hinweis auf die besondere Beziehung der Chefsekretärin zu dem Agenten ihrer Majestät, geprägt durch Verständnis, Freundschaft, Loyalität und Einsatzwillen, die zwar stets mit Bond flirte, aber nie mehr als einen harmlosen Körperkontakt mit ihm hatte, zündete nicht. Diese besondere Beziehung zu dem Protagonisten spreche eher gegen eine Loslösung der Figur der Miss Moneypenny aus dem Werk. Allgemeine Eigenschaften wir Professionalität, Verständnis, Freundschaft, Loyalität und Einsatzwillen seien zu wenig individuell und machten noch keinen deutlich erkennbaren Charakter aus. Damit scheiterten auch die geltend gemachten Titelschutzrechte.
Das letzte Wort in dem Streit wollte das OLG Hamburg damit aber nicht sprechen. Es ließ die Revision zum Bundesgerichtshof zu, beschränkt allerdings auf die Titelschutzansprüche. Nach der Zivilprozessordnung muss die Revision zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder bei neuen rechtlichen Fragen eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts notwendig erscheint. Die Revision wurde von der Klägerin eingelegt, die mündliche Verhandlung hat stattgefunden. Die Auflösung dieses Cliffhangers in Form des Urteils des BGH wird für den 4. Dezember 2025 erwartet. Dann werden wir wissen, für welche der beiden Moneypennys es ein Happy End gibt.
Zukünftige Entwicklungen bei der Markenanmeldung antizipieren
Wie immer die Entscheidung jedoch ausgeht, die notwendigen Lehren können bereits jetzt gezogen werden: Kommt die Verwertung fiktiver Figuren aus Filmen, Comics, Romanen oder sonstigen Werken im Rahmen von Merchandising auch nur entfernt in Betracht, empfiehlt es sich, durch Anmeldung von Marken vorzusorgen. Wer sich auf eine eingetragene Marke stützen kann, braucht sich später nicht mit Hilfskonstruktionen wie dem Wettbewerbsrecht oder der Benutzungsmarke zu plagen. Und selbst wenn der Bundesgerichtshof die Hürden für den selbstständigen Titelschutz fiktiver Figuren senken sollte, wird es in vielen Fällen unsicher bleiben, ob die eigene Figur sie eines Tages wird nehmen können.
Bei der Anmeldung von Marken sollte eine klare Strategie gewählt werden. Dabei gilt es, mögliche zukünftige Entwicklungen so weit wie möglich zu antizipieren, ohne jedoch über das Ziel hinauszuschießen, um nicht unnötige Kosten zu verursachen. Hätte man vorhersehen müssen, dass der Name Moneypenny eines Tages für Sekretariatsdienstleistungen verwendet werden könnte? Bitte urteilen Sie selbst.
Dr. Frank Hagemann ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei FPS in Hamburg.
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