#noscreen! Warum Bildungsspielzeug im digitalen Zeitalter immer häufiger bildschirmfrei bleibt

10.10.2025 BRANDORA
Spielwaren
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Bildungsspielzeug im digitalen Zeitalter – das ist keineswegs nur ein Wettrennen, welcher Hersteller das smartere, KI-gestütztere und cloudigere Produkt kreiert. Und schon gar nicht müssen Inhalte zwangsläufig per (Touch) Screen vermittelt werden. Stattdessen wird der Education-Sektor an vielen Stellen wieder audio-fokussierter, haptischer, imaginativer. Wer nur auf Daddeln und Apps setzt, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

„Digital“ – dieses Wort benutzt jeder wie selbstverständlich und was damit gemeint ist, soll doch irgendwie eigentlich jedem klar sein. Ohne allzu tief in die Sphären der Elektrotechnik einzutauchen, meinen die meisten Menschen, dass etwas per Computer erfasst ist, dass Vorgänge mit Hilfe von elektronischer Kommunikation ablaufen, oft auch, dass etwas online oder in der Cloud ist. Dieses Verständnis des Begriffs „digital“ leitet sich vom englischen Substantiv „digit“ ab, was „Ziffer“ bedeutet. Schließlich basiert die Datenverarbeitung per Computer stets auf Zahlen.

Finger an der Maus, Augen auf dem Bildschirm

Eine weitaus ältere Etymologie bezieht sich hingegen auf das lateinische „digitalis“. Dies wurde in medizinischen Kontexten benutzt und bedeutet so viel wie „mithilfe des Fingers“. Dieses Verständnis passt mindestens genauso gut, denn das „digitale Zeitalter“ ist nicht unbedingt nur jenes, in dem diverse Informationen in virtuellen Datenbanken erfasst sind – es ist auch das Zeitalter, in dem zunehmend viele Aktionen des alltäglichen Lebens durch tippen mit dem Finger erfolgen.

Der Job wird im Homeoffice erledigt, für finanzielle Transaktionen geht niemand mehr in die Bankfiliale und wer nicht unbedingt wert auf tagesfrisches Gemüse legt, der kann sogar seine Lebensmitteleinkäufe lediglich durch leichte Pressuren des Zeigefingers erledigen (und selbst an letztgenanntem Problem arbeiten die Lieferanten bereits mit Hochdruck). Der Teil des Tages, den ein westlich sozialisierter Mensch mit dem Finger an der Maus verbringt, wird immer größer.

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Hörspiel-Riese wirbt mit „bildschirmfreiem Gaming“

Dass diese gesellschaftliche Entwicklung bei aller Begeisterung für Innovationsgeist und Effizienz nicht nur positive Auswirkungen hat, ist längst bekannt. Die Industrie reagiert auf verschiedene Weise. Beim Bildungsspielzeug ist seit einiger Zeit durchaus eine Rolle rückwärts zu erkennen, nachdem die zunehmende Digitalisierung lange Zeit eher begleitet wurde und es hohe Priorität zu haben schien, Kinder auf die Nutzung von Tablets zu Unterrichtszwecken vorzubereiten.

So wirbt die dänische tonies SE in der groß angelegten Kampagne zur Toniebox mit „bildschirmfreiem Gaming“, wenn von dem neuen Joker „Tonie Play“ die Rede ist. Der Controller ist ein recht großer Schalthebel, der an der Grenze zwischen Grob- und Feinmotorik ist. Mit Spielen und Quizzen wird die Box im Vergleich zum Vorgänger enorm interaktiv, bleibt aber bewusst auf dem Audio-Kanal und überlässt alles weitere der Vorstellungskraft der Kinder. Damit setzt man sich bewusst von Handy-, Tablet- oder Konsolenspielen ab.

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Nach Herzenslust in der Erde wühlen

Noch deutlich haptischer wird es, wenn man sich das Sortiment des Education-Spezialisten Clementoni anschaut. Der „Digitale Globus“ hat ganz bewusst einen optischen Stift, mit dem geografische Informationen abgerufen werden können. Allein damit adressiert man das motorische Defizit, dass immer mehr Grundschüler nach einer frühkindlichen Erziehung per Handy und Tablet keinen Filzstift adäquat halten können. Zudem hebt sich die dreidimensionale Form per se von jeglichen Apps und anderen bildschirmorientierten Formaten ab.

Diverse Bau- und Experimentierkästen halten sich seit vielen Jahren im Clementoni-Portfolio. Dabei muss es nicht unbedingt der Klassiker „Kristalle züchten“ sein. Das Wissenschafts-Set „Biosphäre“ enthält alle Komponenten, um mit den eigenen Händen ein Biotop zu erschaffen, in dem aus Wasserdampf regen wird, der wiederum Pflanzen wachsen lässt. Und beim „Garten-Set“ schließlich kann erst richtig herzhaft in der Erde herumgewühlt werden.

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Lernspielzeug-Klassiker bleiben dem Bildschirm fern

Auch zahlreiche Veteranen des Bildungsspielzeugs bleiben bildschirmfrei. Der Tessloff-Verlag setzt bei der Kult-Marke „Was ist Was“ weiterhin auf Bücher. In der Sparte „Junior“ ein anderes Format haben und kindgerechter gestaltet sind. Mit dem „BOOKii“ hat man einen Hörstift auf den Markt gebracht, vergleichbar mit Ravensburgers „tiptoi“. Noch bemerkenswerter ist aber vielleicht das Franchise „Es war einmal…“, das als Fernsehreihe bekannt wurde und nun ein Revival mit neuen Lizenzprodukten erlebt, darunter auch Karten- und Brettspiele.

Es sollte also deutliche geworden sein: Dass wir uns im „digitalen Zeitalter“ befinden, heißt keineswegs, dass Lernspielzeug immer noch smarter, noch KI-gestützter und noch mehr in diversen Clouds gespeichert werden muss. Noch weniger bedeutet es, dass pädagogische Inhalte ausschließlich per „Touch“ Screen vermittelt werden. Im Gegenteil: Druckerzeugnisse, der Audio-Kanal und haptische Lernspielzeuge sind im Trend.

Titelbild: tonies SE

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