Trends in der Unterhaltungsindustrie: Wie wirken sie sich auf das Lizenzgeschäft aus?
Eben hat man noch den Weihnachtsschmuck zurück in die Kartons gepackt, da neigt sich das erste Quartal 2024 schon wieder seinem Ende zu. Ein guter Zeitpunkt für eine Standort-Bestimmung: Was sind die derzeitigen Trends in der Unterhaltungsindustrie und wie wirken sie sich auf das Lizenzgeschäft aus?
Die Tendenz, wo es in der Unterhaltungsindustrie hingeht, ist klar. Wie wir bereits in unserem Editorial zur Spielwaren-Branche beschrieben haben [Spielwaren Insigths], wird alles digitaler, virtueller und muss möglichst on-demand verfügbar sein. Die Technik-Begeisterung ist allgegenwärtig und es wird spannend zu sehen, welche kreativen Ideen die kommenden Jahre noch hervorbringen.
Vier aktuelle Trends, welche höchst relevant für das Lizenzgeschäft sind, wollen wir genauer beleuchten.
Influencer
„Me at the zoo“ hieß das erste Video, das Jawed Karim 2005 auf seine neu gegründete Online-Videoplattform namens YouTube hochlud. Einige Jahre später guckten so manche Eltern sparsam aus der Wäsche. Ihre Sprösslinge wollten plötzlich keine Poster von Filmstars mehr aufhängen oder zu Konzerten von angesagten Popgruppen gefahren werden. Stattdessen konsumierten sie täglich neue Videos von jungen Menschen mit Pseudonymen wie „Unge“, „Dner“ oder „Dagi Bee“. Was die können, was die machen? Nun, sie sind eben so, wie sie sind. Und sie sind immer für dich da.
Der liebe große Bruder, den du nie hattest. Der dir die Welt erklärt und dich an seinem Alltag teilhaben lässt. Kommst du von der Schule, spricht er zu dir. Geht es dir schlecht, ist seine Selbstbeschau ein Trost. Mittlerweile hat sich die Influencer-Szene in alle Richtungen potenziert. Die Internet-Persönlichkeiten werden zuhauf als Werbeträger gebucht und können angeblich sogar Bundestagswahlen entscheiden. Und sie arbeiten mittlerweile crossmedial. Denn sie bespielen nicht länger nur YouTube, sondern wahlweise auch Instagram, Twitch, TikTok oder Telegram. Selbst über eher Text/Nachrichten-basierte Dienste wie X (ehemals Twitter) oder den Newcomer Threads können sie sich mitteilen und Hunderttausende erreichen. Die mediale Landschaft kann mitunter unübersichtlich werden. Unternehmen der Lizenz-Branche tun daher gut daran, eigene Social Media Experten zu beschäftigen.
Denn jetzt kommt der Clou: Erfolgreiche Online-Persönlichkeiten bauen sich selbst zu Marken auf und bieten somit jede Menge Lizenz-Potenzial. Bianca „Bibi“ Heinecke ist auf ihrem Kanal „BibisBeautyPalace“ zum Star geworden, indem sie über Makeup sprach. Da lag es natürlich auf der Hand, eine eigene Kosmetik-Marke zu gründen. Die Produkte von „Bilou“ werden heute von der nuwena GmbH vertrieben. An der die clevere Geschäftsfrau Heinicke und ihr Ehemann selbstverständlich beteiligt sind.
Streaming
Das lineare Fernsehen hat als Leitmedium längst ausgedient. Immer mehr Menschen streamen ihre Filme und Serien. Letztere gewinnen gegenüber ersteren zunehmend an Bedeutung, da sie schlicht mehr Spielzeit und somit das berüchtigte „Bingewatching“ ermöglichen.
Wo vor einigen Jahren noch der „rote Gigant“ nahe am Monopol war, tobt mittlerweile ein erbitterter Konkurrenzkampf zwischen den großen Anbietern. Dabei geht es vor allem darum, möglichst viel Masse auf den Markt zu setzen. Stellenweise wurde die Veröffentlichungspolitik diverser Streaming-Anbieter kritisch gesehen und so mancher Meinungsmacher hat beobachtet, dass der Fokus auf Quantität hier und da zulasten der Qualität gehe. Trotzdem: Jede neue Serie ist ein potentieller Hit, weshalb die Lizenzbranche jede Ankündigung aufmerksam verfolgt.
Zum einen arbeiten sich die Marktteilnehmer natürlich an den großen Franchises ab, die seit jeher Horden von Zuschauern ziehen. Während Disney sich neben den eigenen Reihen mittlerweile auch Star Wars und das Marvel Cinematic Universe einverleibt hat, konterte Amazon zuletzt mit Herr der Ringe und der Serie „Ringe der Macht“.
Licencing-Profis behalten aber vor allem auch die Eigenproduktionen im Auge, denn hier können sich Opportunitäten auftun und wer schnell ist, sichert sich eventuell eine Goldgrube. Die Mystery-Serie „Stranger Things“ entwickelte sich aus dem Nichts zum Zugpferd nicht nur für Netflix, sondern auch für eine großflächige 80er-Nostalgiewelle, die allenthalben um sich griff. Weltweit fühlten sich Kinder- und Elterngenerationen gleichermaßen angesprochen. Infolge des Hypes wurde und wird die Lizenz-Klaviatur natürlich rauf und runter gespielt: Lego hat Stranger-Things-Bausets, Clementoni hat Puzzles und Hasbro ein gebrandetes „Trivial Pursuit“-Spiel im Sortiment. Darüber hinaus sind natürlich Kleidung, Action-Figuren und Videospiele erhältlich. Mit Shakespeare: „Was ihr wollt“.
Bei Netflix wird man sich hin und wieder auf die Schulter klopfen, dass man die Lizenz bis heute im eigenen Haus behalten hat und diese für entsprechende Kooperationen ausleiht.
Podcasts
Podcast sind ein Riesen-Hype und das seit Jahren. Wenn Triple-A-Promis wie Barack Obama und Bruce Springsteen ein gemeinsames Format aufsetzen, dann sagt das eigentlich schon alles über die Relevanz des Genres aus. Im deutschen Sprachraum sieht es nicht anders aus: Die erste Liga der Medienpersönlichkeiten ist Dauergast in den Kopfhörern der Republik. Wer etwas zu sagen hat, der sagt es in einem Podcast.
Die vermeintlich fehlende visuelle Ebene im Vergleich zu anderen Medien erscheint im Konsumverhalten vielmehr als ein Pluspunkt: Podcasts werden häufig nebenbei konsumiert. Zum Einschlafen, im Auto, bei der Arbeit. Ähnlich variantenreich wie die Einsatzmöglichkeiten ist die thematische Bandbreite: Von Politik über Sport bis hin zu Special Interest: Fast jede:r findet heutzutage den Podcast, der zu ihm/ihr passt.
Doch ganz oben in der Gunst deutschsprachiger Podcast-Freunde stehen Verbrechen. Bei Redaktionsschluss zählen sechs der zehn beliebtesten Podcasts zu der Sparte „True Crime“. Gefürchtete Serienmörder, blutige Massaker und so manch kurioser Tathergang werden akustisch seziert und sorgen bei abertausenden Fans für Gänsehaut. Dass die True-Crime-Macher in der Regel ihre Podcaster-Karriere, anders als Kollegen wie Lanz, Precht oder Heufer-Umlauf, nicht schon als Prominente starten, ist aus Licencing-Sicht durchaus interessant.
Denn wer nicht selbst schon eine bekannte Marke ist, der hat umso mehr Luft, eine ebensolche zu begründen. Dies ist beispielsweise den gelernten Journalistinnen Leonie Bartsch und Linn Schütze sehr gut gelungen. Ihr Podcast „Mord auf Ex“ umfasst mittlerweile 200 Folgen und hat die beiden in die erste Liga bei den Streaming-Anbietern katapultiert. 237.000 Follower auf Instagram sprechen eine klare Sprache: Hier wurde ein Marken-Gigant aufgebaut. Das ist auch der Spielwaren-Industrie nicht entgangen. Und so erschien im Ravensburger-Verlag das Gesellschaftsspiel „echoes – Mord auf Ex“, bei dem die Spieler mit Hilfe einer zugehörigen App und den Stimmen der beiden Podcasterinnen einen kniffligen Fall lösen müssen. Damit hat Ravensburger nicht einfach ein x-beliebiges Detektivspiel im Sortiment, sondern eines, das allein durch die Strahlkraft der Marke sicherlich von tausenden Podcast-Fans gekauft wird. Ein Paradebeispiel für effektives Licencing.
Kindgerechte Tonabspielgeräte
Nie mehr zerkratzte CDs! Und auch mit PC, Tablet oder Smartphone muss man die Kleinen nicht konfrontieren, damit sie spannende Geschichten und lustige Kinderlieder hören können. Tonieboxen erobern seit Mitte der 10er-Jahre die Kinderzimmer. Bunt, stabil und einfach im Gebrauch, haben sie, rückwirkend betrachtet, eine enorme Marktlücke gefüllt.
Kein Wunder, dass Verlage und andere große Player der Unterhaltungs-Industrie schon kurz nach der Marktreife von sich aus Lizenzen angeboten haben. Die Erfolgsstory ging nahtlos weiter und im Rahmen seines Börsengangs 2021 wurde die Tonies SE mit 870 Millionen Euro bewertet.
Die Technologie der praktischen Hörwürfel ist Licencing in Reinform. Denn die Tonträger sind kleine Figuren, meist im Design des jeweiligen Hörspiels. Und natürlich sind sie alle dabei: Von Paw Patrol über Peppa Wutz bis hin zu Pippi Langstrumpf – die Liste wird immer länger.
Ein Unternehmen mit einer derart kreativen Treibkraft verweilt natürlich nicht auf dem Status Quo. Im vergangenen Jahr stellte man einen Geschichten-Generator vor. Eltern und Kindern können mithilfe von KI und App neue Kurzgeschichten erfinden. Welches Lizensierungs-Potenzial sich hierdurch noch auftut, steht in den Sternen. Die Lizenzbranche tut jedoch gut daran, auch die Tonies-Alternativen im Auge zu behalten.
Die Tigerbox kommt ebenfalls Würfelförmig daher und ist mit Tigercards kompatibel, die entweder vorinstallierte Inhalte wiedergeben oder frei bespielbar sind. Außerdem kann man via Streaming-Dienst über 15.000 Titel herunterladen. Die V-Story von Vtech ist die kostengünstigste Alternative und spielt lediglich einen vorinstallierten Fundus an Inhalten ab. Der Silvercrest Speakerbuddy ist exklusiv bei der Discount-Kette Lidl erhältlich und ebenso seine Abspielmedien. Für Technikfreunde bietet sich der Technifant an, bei dem neben den charakteristischen Hütchen, welche als Abspielmedien fungieren, auch via Bluetooth das Handy verbunden werden kann, um externe Inhalte abzuspielen.