Vom Heavy Metal zum Spiele-Autor: Interview mit Frederick Ehmke von Blind Guardian

20.11.2024
Spielwaren
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Diese Story gibt es nicht alle Tage: Mit „From the other Side“ hat Scribabs ein Spiel aus der Feder von Frederick Ehmke in den Handel gebracht. Ehmke ist hauptberuflich Schlagzeuger von Blind Guardian, Deutschlands wohl bekanntester Heavy-Metal-Band. Das Spiel ist ein typischer Dungeon Crawler, weist das markante Branding der Band auf, ebenso einige Fantasy-Elemente, die auch viele Textkonzepte der Krefelder prägen. Im Rahmen der SPIEL 2024 hatte BRANDORA Gelegenheit, mit dem Tabletop-begeisterten Musiker zu sprechen.

Frederick, zunächst die vielleicht obligatorische Frage: Wie kommt es, dass ein berühmter Drummer plötzlich ein Gesellschaftsspiel entwirft?

Der Drummer hat neben der Musik auch andere Leidenschaften. Zum Beispiel Brettspiele. Ich mag auch Videospiele, fühle mich aber in der Brettspiele-Welt sehr zuhause.

Was spielst du privat gern?

Hauptsächlich Casual-Spiele, die nicht gleich das ganze Wochenende in Beschlag nehmen. Darauf hätte ich zwar mal Lust, doch es ist mit meinem Leben derzeit nicht vereinbar. Mit Freunden einen gemütlichen Abend verbringen und dabei ein bis zwei Spiele spielen. Das Spiel muss leicht zugänglich sein und schnellen, unkomplizierten Spaß ermöglichen. Das ist, was für mich im Moment passend ist.

Möchtest du ein paar konkrete Spiele nennen, die dir viel Spaß bereitet haben?

Sehr gerne. „Terror in Meeple City“ spielen wir sehr gern. „Karak“ ist zwar eher für Kinder gedacht, aber vor allem auf Tour hole ich da auch immer meine Band-Kollegen mit ins Boot.

Die spielen dann auch immer bereitwillig mit?

Ein oder zwei willige Opfer finde ich immer – manchmal auch von befreundeten Bands. Letztens kam Alea von Saltatio Mortis, der ja das Messegesicht der diesjährigen SPIEL ist, backstage vorbei und spielte mit mir eine Partie „Karak“.

Und aus dieser Gemengelage kam die Idee, dein eigenes Spiel zu entwickeln?

Ja, in der sogenannten „Alpha-Testing-Phase“, in der man eine eigentlich fertige Version hat, befand ich mich damit schon vor Jahren. Lange habe ich jedoch den letzten Schritt nicht gemacht, das mal rauszugeben. Dann kam aber zum Glück die Anfrage von Scribabs, ob wir nicht an einer Kooperation für ein Brettspiel interessiert wären. Sie hätten bereits mit anderen Bands Brettspiele gemacht.

So ein Zufall!

Und zufällig hatten wir bereits meinen fertigen Entwurf parat.

Und den hat Scribabs komplett übernommen?

Sie haben mein Konzept natürlich noch ein wenig auf ihre Produktlinie angepasst. Außerdem hatte ich in meiner Idee gar nicht Blind Guardian als Band thematisiert. Dass man die Bandmitglieder nun sogar als Charaktere spielen kann, ist auf den Verlag zurückzuführen.

Gab es weitere Anpassungen, denen du zugestimmt hast?

In meiner Ur-Fassung ist der Drache noch auf dem Spielfeld rumgelaufen und hat die Helden gejagt. Jetzt ist er eher als passive Bedrohung enthalten. Doch meine Idee eines kooperativen Dungeon Crawlers, in dem die Helden ihre Kräfte bündeln und damit Monster bekämpfen können, ist nach wie vor präsent. Ebenso die Prinzipien Raum aufdecken, erforschen oder Artefakte finden.

Was kannst du über die Rahmenhandlung erzählen?

Der Drache, um den es geht, ist vor Jahrhunderten in die Welt hinter den Spiegeln verbannt worden. Nun sind diese Spiegel zerbrochen. Also müssen zwei bis fünf Helden zusammenarbeiten, um die Scherben wieder zusammenzusetzen, eher der Drache mit seinen Spießgesellen die Welt ins Dunkel stürzt. Leider haben die Monster die Spiegelscherben in Verwahrung, sodass man diese jeweils erst besiegen muss.

Wie ist das Spiel gestaltet?

Das Herzstück ist das Spielbrett, auf dem die Helden sich bewegen können. Die Karten sind Aktionen, die man ausspielen kann. Allerdings kann man jede Aktion nur gegen eine gewisse Klasse von Monstern ausspielen.

Die Blind Guardian Fans haben vielleicht vorhin schon aufgemerkt: Die Bandmitglieder sind als Charaktere spielbar?

Genau, jeder von uns hat seinen eigenen Beruf inklusive gewissen Spezialfähigkeiten. Hansi (Kürsch, Blind Guardian Sänger – Anm. d. Red.) kann als Barde eher gegen die Schlauheit der Gegner angehen, während ich als Schmied es eher mit den Kloppern aufnehme. Hansi hat eher Distanz-Angriffe, während ich eher für den Nahkampf geeignet bin. Aber die Figuren spielen sich trotzdem relativ ähnlich.

Nach dem, was du über deine eigenen Vorlieben gesagt hast, gehen wir davon aus, dass auch „From the other Side“ eher kurzweilige Unterhaltung bietet?

Auf jeden Fall. Wenn Blind Guardian Fans sich für unser Spiel interessieren, kann ich ja nicht erwarten, dass sie alle bereit sind, sich stundenlang das Regelwerk eines Kennerspiels anzueignen. Da wäre die Schnittmenge nicht groß genug.

Können wir für die Zukunft noch weitere Spiele aus deiner Feder erwarten?

Erstmal bin ich froh, dass ich mal ein bisschen den Fuß in die Tür zu dieser Spiele-Entwickler-Welt bekommen habe. Bislang kannte ich ja niemanden aus dieser Branche. Zwei weitere Ideen von mir sind auch schon relativ weit fortgeschritten. Aber in dieser Form als „Blind Guardian Spiel“ ist dieses erstmal ein Standalone. Wir bleiben ja in erster Linie eine Band und werden nicht ständig neue Spiele unter unserem Label veröffentlichen.