Licensing in der Spielware: Ein Rückblick, ein Ausblick

29.8.2024 BRANDORA
Lizenzbranche Spielwaren
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Von Marktgiganten, Genderfragen und Hybridlösungen: Unser Rückblick / Ausblick zur Lizenz in der Spielware gerät zu einem bunten Potpourri aus Erkenntnissen, Thesen und Einblicken zu der Frage, was die Lizenzdepartments in der deutschen Spielwarenbranche mittelfristig auf Trab halten wird. Für Gegenthesen, Diskussionen und Spekulationen sind wir dankbar.

All Quiet on the Toy Front? Der erste Blick auf die Studie „Global Pulse on Brands“ von Licencing International zeigt die üblich-verdächtigen Brands wieder mal auf den Spitzenpositionen im deutschen Spielzeugmarkt. Natürlich ist LEGO wieder mit weitem Abstand Nummer 1 in allen drei Alterssegmenten. Das ist allerdings kein rein deutsches Phänomen. Wie das Handelsblatt jetzt berichtet, bauen die Dänen auch global ihre Pole Position aus. Die US-Konzerne Hasbro und Mattel folgen mit großem Abstand.

Vom skandinavischen Klemmbaustein-Spezialisten wird später noch die Rede sein. Zunächst wollen wir die Studie noch etwas genauer betrachten, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Eine davon betrifft das Gender-Thema. Die These: Je älter der Mensch, desto mehr verschwimmen die Ressentiments gegen Marken, die eher dem anderen Geschlecht zugeordnet werden. Liegt der Anteil von Marken, die für beide Geschlechter relevant sind, in der Altersgruppe von 0 bis 6 Jahren bei 47 Prozent, so sind es bei den 15- bis 25-Jährigen bereits 55 Prozent.

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Geschlechtergrenzen weichen mit zunehmendem Alter auf

Besonders männliche Heranwachsende scheinen die Berührungsängste mit zunehmender Reife zu verlieren. Der Anteil von Marken, die ausschließlich von Jungen genannt werden, halbiert sich nämlich im gleichen Beobachtungszeitraum: Von 28 Prozent bei den 0- bis 6-Jährigen zu 14 Prozent bei den 15- bis 25-Jährigen. Dazu passt, dass die Beliebtheit von „Barbie“ immer weiter steigt, je höher die Altersgruppe ist. Bei den 15- bis 25-Jährigen kann die blonde Puppe mit den rosa Klamotten mit 9,8 Prozent Marktanteil einen erstaunlichen zweiten Platz erklimmen.

Dieser Erfolg wurde natürlich flankiert von dem gleichnamigen Kinofilm, der einen satirischen Blick auf klischeehafte Rollenbilder wirft. Eine Formel, die in den kommenden Jahren durchaus noch das ein oder andere Mal übernommen werden konnte. Unterm Strich lässt sich festhalten: Während die Kidults aufgeweichte Grenzen und die Möglichkeit für Spielraum bieten, fühlen sich Vorschulkinder nach wie vor in den traditionell geschlechterspezifisch codierten Varianten wohl. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Researcher iconkids & youth.

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Der wesentliche Grund, warum die „Paw Patrol“ seit Jahren ihren Top-5-Platz bei den Vorschulkindern sicher hat, ist die Tatsache, dass man die Bedürfnisse beider Geschlechter bedienen kann: Der Care-Faktor und das süße Erscheinungsbild für die Mädchen sowie die Heldenhaftigkeit und die coolen Fahrzeuge für die Jungen. Mit Werten wie Freundschaft und Teamwork sowie „anderen helfen und deshalb stark und wichtig sein“, können sich wiederum beide Geschlechter identifizieren.

Soweit ein leicht gender-orientierter Rückblick. Welche Trends aber sollte man vorwärtsgewandt antizipieren? Eine Wahrsagerei von selbst ernannten Branchenexperten kann schnell ins Unseriöse abdriften, insbesondere in einer derart dynamischen Welt, in der jeder Influencer theoretisch zum X-Faktor werden kann, sollte er auf Social Media trenden und dabei ein Spielwarenprodukt in die Kamera halten.

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Vom Digitalen zurück ins Haptische

Was jedoch mit großer Sicherheit immer relevanter wird, sind Hybride. Vermischungen von Dingen, die auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so recht zusammenpassen wollen, können auf verschiedenen Ebenen umgesetzt werden. Die Reihe von Universal Monsters / Tenage Mutant Ninja Turtles tat dies zum Beispiel inhaltlich und erreichte damit bei Sammlern und Liebhabern – hier sind wir wieder bei den Kidults – Kultstatus. In die gleiche Richtung gehen die possierlichen Funko-Puppen, die bequem mit nahezu jeder Lizenz funktionieren.

Lizenzierte Spielwaren können auch auf medialer Ebene einen Hybrid-Charakter haben. Dass Spielmodelle einschlagen, welche die reale Umgebung mit virtuellen Rennspielen kombinieren, haben wir schon in einem früheren BRANDORA-Leitartikel festgestellt. Wieso sollte dieses oder ein ähnliches Prinzip also nicht auch mit Nintendos Kult-Racer Mario Kart funktionieren? Die Japaner unternehmen dabei im Vergleich zu „Zombie Racer“ sogar einen interessanten Schritt: Sie geben den jungen Fans ein physisches Kart in die Hand, was das Produkt weniger virtuell und mehr physisch/haptisch macht.

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Genau hier lässt sich ein Trend erahnen. Denn nicht nur waren auf der jüngst abgehaltenen Gamescom Berge von Pokemon-Plüschtieren (die allerdings wohl eher Merchandise als Lizenzprodukte waren) zu finden. Auch bekommen immer mehr etablierte Videospielreihen ihre physischen Ableger in der Spielwarenwelt.

Das Hack&Slay „God of War“ sowie der Strategie-Fantasy-Klassiker „Heroes of Might & Magic III“ sind nur zwei Beispiele von Games, die demnächst als Tabletop umgesetzt werden. Auch im Bereich Pen&Paper ist ein anhaltender Produktstrom zu erwarten, wenn es um Ableger bekannter Videospiele geht. Kein Wunder, ist doch bei den Zielgruppen eine hohe Überschneidung vorhanden.

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Wenn Klemmbausteine und Brettspiele sich finden

Das Thema „Hybrid-Produkte“ führt uns schließlich zu einem „Next Big Thing“ – einer Lizenz-Schmiede, die im kommenden Jahr richtig heiß laufen könnte. Denn die Kooperation zwischen LEGO und dem Brettspiel-Giganten Asmodee ist eine Verbindung, welche direkt aus dem Schlaraffenland aller Licencing Manager stammen könnte. LEGO bringt nicht nur sein ureigenes und seit Jahrzehnten weltberühmtes Baustein-Prinzip ein, sondern auch einen Track Record quer durch den Gemüsegarten der größten Franchises dieser Welt. Auf der anderen Seite steht mit Asmodee jener Brettspiel-Publisher, der bei den diesjährigen Nominierungen zum Spiel des Jahres wieder einmal in allen drei Kategorien vertreten war.

Nun also veröffentlicht einer der größten Publisher der Welt Brettspiele, die auf den LEGO-Klemmbausteinen basieren. Umsetzen werden das ganze die kreativen Köpfe von Dotted Games – wie LEGO mit Sitz in Dänemark. Nicht auszudenken, welche Kreationen hierbei entstehen könnten. Der erste Ableger „Monkey Palace“ steht bereits in den Startlöchern und hat auf der diesjährigen Spielwarenmesse schon für reichlich Wirbel gesorgt. Danach wird „Brick Like This!“ erscheinen, ein kooperatives Spiel für jede*n ab 7 Jahren. Im Mittelpunkt wird das gemeinsame Bauen mit LEGO-Steinen stehen.

Was lernen wir daraus? Das Licencing kann in vielerlei Hinsicht Grenzen überwinden.

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Der BRANDORA Fachartikel Service ist eine Plattform, die sich auf die Themen der Spielwarenindustrie spezialisiert hat. Einmal im Monat widmet sich die Redaktion der "Spielwaren Insights" einem Leitthema, das intensiv recherchiert und beleuchtet wird. Die Redaktion stellt Fragen und sucht nach Antworten, um ein umfassendes Bild des Themas zu erhalten. Dabei geht es nicht nur um die reinen Fakten, sondern auch um die Meinungen und Ansichten von Experten und Beteiligten in der Branche.

Ziel ist es, einen Dialog innerhalb der Branche zu schaffen und wichtige Themen aufzugreifen, die für die Zukunft der Spielwarenindustrie von Bedeutung sind.

Der BRANDORA Fachartikel Service versteht sich als unabhängige Plattform, die objektiv und kritisch über Themen berichtet und diskutiert. Dabei werden sowohl positive als auch negative Aspekte beleuchtet und hinterfragt.

Ein Bericht von Jan Herzmann

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